Angela Merkel winkt zum Abschied, rechts neben ihr harrt Armin Laschet, der in ihre Fußstapfen treten will. Markus Söder (links) ist dabei nicht immer der leichteste Unionspartner.

Foto: JOHN MACDOUGALL

Dieser Samstag, er soll also nun den Befreiungsschlag für den Unionskanzlerkandidaten Armin Laschet bringen, den Start der intensiven Wahlkampfphase. Doch er beginnt nicht gut für ihn. Sein ewiger Rivale, CSU-Chef Markus Söder, hat dem "Münchner Merkur" ein Interview gegeben und teilt in diesem kräftig aus. "Es herrscht in der Union eine große Unruhe, was angesichts der Umfragen verständlich ist", sagte er und kann sich auch folgenden Satz nicht verkneifen: "In Bayern hätten wir vielleicht ein besseres Ergebnis erzielen können – wäre ich Kanzlerkandidat geworden."

Und dennoch: Jetzt steht der verhinderte Kanzlerkandidat Söder einträchtig neben Laschet und Kanzlerin Angela Merkel auf der Bühne im Berliner Tempodrom. Man muss ja Einigkeit demonstrieren, es geht darum, das Kanzleramt am 26. September für die Union zu verteidigen. Merkel hat sich bisher in diesem Wahlkampf zurückgehalten. Jetzt aber wirbt auch sie für Laschet. Seit seiner Nominierung sind die Umfragewerte gesunken, die Union liegt in drei Umfragen nur noch zwischen 22 und 23 Prozent, dicht dahinter folgt die SPD. Auch Laschets persönliche Beliebtheitswerte sind schlecht. Er liegt mit 16 Prozent weit hinter SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz, der auf 41 Prozent kommt.

"Absolutes Highlight" Merkel

Darauf geht Merkel, die von der Moderatorin als "absolutes Highlight" angekündigt wird, nicht ein. Sie sagt: "Es ist richtig schön, hier heute dabei zu sein." Denn diese Bundestagswahl sei eine "ganz, ganz besondere". Zum ersten Mal seit 1949 trete bei einer Wahl der Amtsinhaber oder die Amtsinhaberin nicht an. Merkel: "Die Karten werden neu gemischt. Wir arbeiten dafür, dass der nächste Kanzler Armin Laschet sein wird." Sie lobt ihn als einen, dem es "immer wichtig war auf Grundlage des christlichen Menschenbildes zwischen den Menschen brücken zu bauen".

Statt über Laschet spricht sie dann lieber darüber, was in ihrer Amtszeit erreicht wurde: Arbeitslosigkeit halbiert, marode Staatsfinanzen saniert, den Euro gerettet, erneuerbare Energien und Mobilfunknetz ausgebaut. Doch sie spart auch den großen, wunden Punkt nicht aus und sagt: "Natürlich wird im Anschluss an diese Rettungsmission zu reden sein: Was ist geschafft in Afghanistan, was nicht." Explizit ruft sie nicht zur Wahl Laschets auf, das wäre auch nicht Merkels Art. Doch sie sagt, es lohne sich "zu kämpfen, alle Kraft für die letzten Stunden und für einen Kanzler Armin Laschet".

Söder will Zähne zeigen

Lob gibt es vom nächsten Redner – allerdings nicht für Laschet sondern für Merkel. "Liebe Angela, du hast unser Land gut beschützt", sagt er. Es seien "16 außerordentlich gute Jahre für unser Land" gewesen.

Aber Söder verbreitet nicht nur gute Laune. Eindringlich warnt er: "Lasst uns einen Moment einig sein: Es ist knapp. Jeder muss kapieren mit dem heutigen Tag, dass es um alles geht." Man rede nicht mehr darüber, mit wem man regieren könne oder wolle, sondern ob es überhaupt zum Regieren reicht. Dann ruft er: "Ich hab keinen Bock auf Opposition." Dafür bekommt er einigen Applaus.

"Lasst uns endlich vernünftig Wahlkampf machen", sagt er. Man müsse die Unterschiede zwischen den Parteien aufzeigen. Und er stellt dann doch klar: "Wir müssen unseren Kanzlerkandidaten unterstützen. Lieber Armin, du kannst dich dabei auf meine Unterstützung verlassen, das ist ehrlich gemeint." Sein Appell an die Union: "Wir sind nicht ausgelaugt, lasst uns die Ärmel hochkrempeln, lasst uns Zähne zeigen!"

Laschet: Kein "Weiter-so"

"Armin, Armin!" rufen ein paar junge Leute, als dann zum Schluss Laschet auf die Bühne kommt. Er dankt Merkel und auch Söder, "dass er hier ist". Denn, die Wahlsiege der letzten 70 Jahre seien nur möglich gewesen, weil CDU und CSU zusammengehalten hätten. "Ich bin sicher, wir werden zusammen in den nächsten Jahren vieles gemeinsam bewegen.

Thematisch legt er den Fokus zunächst auf die Außen- und Sicherheitspolitik. Da könne es kein "Weiter-so" geben. "Wir müssen als Europäer in der Lage sein, einen Flughafen wie in Kabul zu sichern", sagt er. Innenpolitisch will er den kriminellen Clans den Kampf ansagen: "Man kann ein liberales, offenes Land sein und dennoch Clans erklären, wir werden eure Strukturen zerstören."

Angriff gegen SPD und Grüne

Immer wieder greift Laschet SPD und Grüne an. Die Grünen hätten die Bundeswehr aus Afghanistan schon viel früher abziehen wollen und die SPD wolle ohnehin "am liebsten mit der Linken regieren". Mit einer Frage wendet sich Laschet direkt an den Konkurrenten Scholz: "Warum bringt man es so schwer über die Lippen zu sagen, in dieser außenpolitisch unsicheren Lage werde ich nicht mit den Linken verhandeln?" Er warnt auch finanzpolitisch vor SPD, Grünen und Linken. Sie alle wollten die Steuern erhöhen und "das zarte Pflänzchen" des Aufschwungs abwürgen. Beim Kampf gegen den Klimawandel dürfe man den sozialen Ausgleich nicht vergessen.

Laschet zeigt sich kämpferisch, aber das große Einschwören der Wahlkämpfer bleibt aus. Am Schluss sagt er noch: "Es ist fundamental, wer regiert. Es ist nicht egal, wie diese Wahl ausgeht. Ich werde kämpfen, mit allem, was ich kann, dass dieses Land nicht von Ideologen übernommen wird." Der Applaus ist groß, und dann strömen die Wahlhelfer hinaus. Sie ziehen jetzt in den Haustürwahlkampf und hoffen, dass der Wind für die Union sich dreht. (Birgit Baumann aus Berlin, 21.8.2021)