Kabul – Einer von Afghanistans bekanntesten Journalisten, Bilal Sarwary, hat nach der Machtübernahme der militant-islamistischen Taliban das Land verlassen. In einem auf Twitter veröffentlichten Video sagte Sarwary unmittelbar vor seinem Abflug, er und seine Familie hätten nur wenige Sachen mitnehmen können. "Ich habe alles zurückgelassen, wofür ich seit mehr als 20 Jahren gearbeitet habe. Das ist niederschmetternd – vorsichtig formuliert."

Offen war zunächst, wo der zuhause ausgezeichnet vernetzte Journalist künftig eben will. Sarwary sagte weiter, er habe sich nie vorstellen können, seine Heimat zu verlassen. Nun sei die Situation jedoch "außer Kontrolle". Viele Menschen müssten ihre Hoffnungen, Träume und Lebenspläne begraben. Es breche ihm das Herz zu sehen, wie viele gut ausgebildete Menschen ins Ausland müssten. Zugleich äußerte er die Hoffnung, dass die Taliban aus Fehlern der Vergangenheit gelernt haben. Sie müssten verstehen, dass sie nun nicht länger eine Schattenregierung seien, sondern große Verantwortung trügen und den Übergang vom Kämpfen zum Regieren schaffen.

Auf Twitter folgen Sarwary mehr als 187.000 Menschen. Auch viele westliche Journalisten vertrauen auf seine Expertise. Zwischen Berichten über Terroranschläge, gezielte Tötungen oder Angriffe auf Militärstützpunkte berichtete er immer auch über Seiten des Landes, die man selten zu sehen bekam. Mit dem Hashtag #Afghanistanyouneversee versah er Tweets über die Wassermelonenernte, Fotos von Kindern beim Kricket-Spiel oder Bilder über die Naturschönheiten des Landes. (APA, dpa, 23.8.2021)