Ein Urteil in der Causa Commerzialbank stellt fest, dass das Land Burgenland nicht für entstandene Schäden aufkommen muss. Der Anwalt der Klägerinnen kündigte Berufung an.

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Sie war der Aufreger in Österreich in puncto Pleiten im vergangenen Jahr und ist es unter Geschädigten immer noch: die Commerzialbank Mattersburg. Nun liegt in der Causa ein erstes Urteil vor, und das gibt dem Land Burgenland recht.

Geklagt hatten zwei Sparerinnen, die bei der 2020 in die Insolvenz geschlitterten Commerzialbank Mattersburg Beträge von deutlich über 100.000 Euro angelegt hatten. Weil über die Einlagensicherung nur Beträge bis zu 100.000 Euro garantiert werden, hätten sie einen Teil ihres Geldes vergessen können. Damit wollten sie sich aber nicht abfinden und beauftragten die Wiener Anwaltskanzlei Brandl & Talos mit einer Klage gegen das Land Burgenland; dieses sei seiner Sorgfaltspflicht nicht nachgekommen.

Unzufrieden mit Revision

Konkret lautete der Vorwurf, dass die burgenländische Landesregierung schuldhaft gesetzliche Pflichten im Zusammenhang mit der Revision der Genossenschaft, des Eigentümers der Bank, verletzt habe. Fakt ist, dass das Land Burgenland die Wirtschaftsprüfungskanzlei TPA mit der Revision der Commerzialbank beauftragt hat. Bekrittelt wird, dass dies geschehen sei, obwohl TPA auch Abschlussprüfer des in die Insolvenz geschlitterten Instituts war. Insgesamt ist Bankkunden ein Schaden von 690 Millionen Euro entstanden.

Bei Einbringung der Klage im vorigen Herbst sagte Rechtsanwalt Ernst Brandl: "Es ist klar, dass das Land Burgenland seine Pflichten als Revisionsverband eklatant vernachlässigt hat und daher zu haften hat. Insbesondere die Übertragung der Revision auf jene Kanzlei, die auch die Wirtschaftsprüfung vorgenommen hat, geht selbst über grobe Fahrlässigkeit hinaus. Das Land muss damit gerechnet haben, dass man keine ernstzunehmende Revision vornehmen kann, wenn sich der Revisor selbst kontrolliert. Das ist so, als würde man den Hund auf die Wurst aufpassen lassen."

Amtshaftungsklage

Das Land Burgenland hat wiederholt jegliche Verantwortung in der Causa Commerzialbank von sich gewiesen und hat seinerseits im Frühjahr eine Amtshaftungsklage gegen die Republik Österreich eingebracht, die noch anhängig ist.

Die Klage der zwei Sparerinnen gegen das Land Burgenland ist, wie heute, Montag, bekannt geworden ist, Ende der Vorwoche abgewiesen worden. Das Land muss demnach nicht für die durch die Bankpleite entstandenen Schäden haften. Das stellte das Landesgericht Eisenstadt in einem Urteil fest.

Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) sieht die Rechtsansicht des Landes durch das Urteil "vollinhaltlich bestätigt". Das Land treffe "keinerlei Verschulden an der Commerzialbank-Pleite", es sei damit auch nicht haftbar. Es handle sich um einen Kriminalfall, ein etwaiges Behördenversagen sei auf Bundesebene zu suchen. "Es muss nun rasch geklärt werden, ob ein Kontrollversagen der Nationalbank und der Finanzmarktaufsicht vorliegt", meinte Doskozil, der durch das Urteil auch das Bestreben des Landes, eine Amtshaftungsklage gegen den Bund einzubringen, bestätigt sieht.

Urteil auf 71 Seiten

Laut dem 71 Seiten umfassenden Urteil kann nicht festgestellt werden, dass das Land Anhaltspunkte für Unregelmäßigkeiten bei der Commerzialbank gehabt hätte, wenn sich die Mitarbeiter des Landes inhaltlich mit den Revisionsberichten auseinandergesetzt hätten. "Mangels nachweisbarer bzw. aufgrund ernsthaft zu bezweifelnder Auswirkungen des Fehlverhaltens der Mitarbeiter der beklagten Partei auf den Schadenseintritt im Vermögen der Klägerinnen waren die Klagebegehren daher abzuweisen", heißt es wörtlich im Urteil. Das Land sei damit nicht für das Ergebnis der Revision über die Mehrheitseigentümerin der Bank verantwortlich, hielt SPÖ-Landesgeschäftsführer Roland Fürst in einer Aussendung fest.

Anwalt Brandl reagierte am Montag verärgert und kündigte im Namen seiner Mandatinnen Berufung an. Er habe das Urteil noch gar nicht zugestellt bekommen, insofern sei es "eigenartig", dass es bereits den Medien kommuniziert werde. Bei einer Abweisung der Klage sei jedenfalls eine Berufung geplant.

Mehr als ein Jahr vergangen

Das unrühmliche Ende der Commerzialbank Mattersburg liegt mehr als ein Jahr zurück. Kurz vor Mitternacht des 14. Juli 2020 drehte die Aufsichtsbehörde FMA das burgenländische Institut zu. Dessen Gründer und Chef, Martin Pucher, sowie seine Vorstandskollegin K. sollten in der Folge gestehen, dass sie fast drei Jahrzehnte lang Geschäfte erfunden haben, vor allem Kreditkunden.

Es gibt den Verdacht auf schweren Betrug, Untreue und Geldwäscherei; die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt gegen 30 Beschuldigte, darunter zehn Unternehmen. Mit 401 Gläubigern und Forderungen in Höhe von 820 Millionen Euro handelt es sich bei der Commerzialbank um die drittgrößte Pleite der Zweiten Republik.

(Günther Strobl, Aloysius Widmann, 23.8.2021)