Noch ist nicht klar, wo der Grenzwert für Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus angesiedelt sein soll.

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Berlin/Innsbruck – Das Corona-Kabinett der deutschen Regierung ist sich nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters einig, die Infektions-Inzidenzwerte abzuschaffen. Man habe sich darauf verständigt, dass der wesentliche Indikator für die Belastung des Gesundheitssystems künftig sein soll, wie hoch die Hospitalisierung ist, hieß es am Montag aus Regierungskreisen.

Die Zahlenwerte bei den Sieben-Tage-Inzidenzen wie 35, 50 oder 100, die bisher über Einschränkungen des öffentlichen Lebens bestimmten, sollen ganz wegfallen. Die Inzidenz verliert wegen der steigenden Impfquote an Aussagekraft. Nun soll ermittelt werden, wie viele Infizierte pro 100.000 Einwohner in einer Woche ins Krankenhaus müssen. Derzeit liegt der Wert nach Angaben eines Sprechers des Gesundheitsministeriums bei 1,3. Auf dem Höhepunkt der zweiten Welle betrug er zehn bis zwölf. Von diesen Patienten landet dann wiederum ein Teil mit schweren Krankheitsverläufen auf den Intensivstationen.

Grenzwert noch nicht definiert

Man wolle eine erneute Belastung der Ärzte und Pfleger wie im Winter auf jeden Fall vermeiden, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Wo der neue Hospitalisierungsgrenzwert liegen soll, ist nach Angaben des Gesundheitsministeriums noch unklar, weil für ländliche und städtische Gebiete die Belastung des Gesundheitssystems unterschiedlich sei.

Seibert sprach am Montag von einer "Pandemie der Ungeimpften". Mittlerweile seien laut Robert-Koch-Institut 90 Prozent der in Krankenhäuser eingewiesenen Corona-Patienten nicht geimpft. Der Anteil der Ungeimpften auf den Intensivstationen mache sogar 94 Prozent aus. Am Montag wurden in Deutschland 769 Corona-Patienten auf Intensivstationen gemeldet. Der Wert ist noch deutlich niedriger als bei früheren Wellen, steigt aber kontinuierlich und schnell. Am Montag vor einer Woche wurden noch 541 Corona-Patienten auf Intensivstationen behandelt.

In Österreich weniger wichtig

In Österreich hat die reine Sieben-Tage-Inzidenz bereits in den vergangenen Monaten eine geringere Rolle als in Deutschland gespielt, betonte das Gesundheitsministerium in einer Reaktion. Einerseits werde in Österreich schon seit September 2020 die sogenannte risikoadjustierte Sieben-Tage-Inzidenz zur wöchentlichen Risikoeinstufung durch die Corona-Kommission verwendet, andererseits würden die Maßnahmen unter anderem auch anhand der Hospitalisierungszahlen gesetzt. Als wichtiger Parameter, um möglichst früh Entwicklungen bei den Infektionen erkennen zu können, werde die Sieben-Tage-Inzidenz in Österreich aber weiterhin dienen.

Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) begrüßte die Entscheidung der deutschen Regierung. "Ich habe bereits in den letzten Wochen betont, dass es nicht die Zukunft sein kann, sich bei Corona-Maßnahmen an der reinen Sieben-Tage-Inzidenz zu orientieren. Durch die voranschreitenden Impfungen muss unser Hauptfokus auf der Spitalsbelastung liegen", so Platter. Vor allem für das Tourismusland Tirol und die Menschen in Tirol und Bayern, die an der Grenze leben, sei das eine gute Nachricht. "Die Pandemie muss insbesondere für geimpfte Personen vorbei sein. Es darf keine Einschränkungen mehr bei der Reisefreiheit oder beim Grenzverkehr geben", betonte der Landeshauptmann. (APA, 23.8.2021)