Rick Rubin (links) und Paul McCartney am Mischpult.

Foto: Disney+

Niemand, vor allem kein Studioprofi, würde das so spielen. Und doch erweckt gerade das den Song zum Leben. Das gilt für John Lennons flirrende Rhythmusgitarre bei All My Loving ebenso wie für den ungehobelten Bass-Sound bei While My Guitar Gently Weeps. Da ist man sich einig. Und die beiden Männer, die hier zu zweit in einem Tonstudio Beatles-Songs sezieren, müssen es wissen. Bei sparsamer Beleuchtung kitzeln Ex-Beatle Paul McCartney höchstselbst und der für seine American Recordings-Serie mit Johnny Cash bekannte Produzent Rick Rubin in den sechs halbstündigen Folgen von McCartney 3,2,1 jede Menge überraschende musikalische Details am Mischpult heraus.

Dass aus der in den Gesprächspassagen in Schwarz-Weiß gehaltenen Doku, zu sehen derzeit auf Disney+, mehr geworden ist als eitle Selbstbespiegelung, liegt vor allem daran, dass es hier ums Eingemachte geht, nämlich um die Musik und nur wenig um die Biografie. Man muss kein Beatles- oder McCartney- Fan sein, um sich vom Enthusiasmus der beiden anstecken zu lassen.

Trailer zu "McCartney 3,2,1".
Hulu

Die Doku ruft ins Gedächtnis, was man längst vergessen und zu überhören gelernt hat: wie vier junge Musiker aus Liverpool mit unglaublichem Vertrauen in die eigene Intuition jede Menge Regeln gebrochen bzw. neu aufgestellt haben. Einspielungen, die längst als Klassiker abgeheftet sind, waren für die Tontechniker von damals ganz klar "im roten Bereich". Natürlich erklärt sich das magische Moment dieser Musik auch hier nicht restlos. Aber es ist schön zu hören, wenn Paul McCartney sagt: "Ich bin auf mutige Fehler spezialisiert." Nach der Doku weiß man, was er damit meint. (Karl Gedlicka, 25.8.2021)