Seit 2011 ist Cook im Amt, zehn Jahre später ist Apple völlig neu aufgestellt.

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Am 24. August 2011 übergab Steve Jobs seinen CEO-Sessel bei Apple an den damaligen Chief Operating Officer (COO) Tim Cook. Kurz darauf verstarb Jobs und damit verblieb die wertvollste Marke der Welt ohne ihren charismatischen Chef. Nach zehn Jahren unter der Führung von Cook fällt das Fazit für den Nachfolger aber selbst im Vergleich zu Jobs beeindruckend aus.

Viele junge Leute, die sich heute ein Apple-Produkt kaufen, kennen Steve Jobs vielleicht nur noch aus Erzählungen. Langsam verblassen die Erinnerungen an die emotional aufgeladenen Keynotes, bei denen der Satz "One more thing" spätestens mit der Ankündigung des ersten iPhones eine neue Bedeutung bekam. Apple stand damals für Überraschungen, bedenkt man das eben erwähnte iPhone, den Musikdienst iTunes oder auch die Evolution des Macs. Selbst wenn Apple seine Produkte gar nicht als erster Tech-Konzern auf den Markt brachte, etwa Tablets oder kleine Musikabspielgeräte, so war es dann doch die Magie rund um Jobs und seine Firma, die diese Geräte für den Massenmarkt attraktiv werden ließ.

Mit der Ablöse im Jahr 2011 durch den im Vergleich bieder wirkenden Tim Cook verlor die Marke einen ihrer wichtigsten Antriebe. So glaubte man zumindest. Sieht man sich heute die Zahlen an, dann sprechen diese eine andere Sprache. Das liegt weniger an der Innovationskraft der letzten Jahre als vielmehr am inhaltlichen Wandel, den Apple durchlebt hat. Ein Wandel, der Analysten Tim Cook immer wieder als "weltgrößten CEO" bezeichnen ließ.

Cook in Zahlen

Als Jobs seinen Sessel als CEO verließ, lag die Apple-Aktie bei 13,46 Dollar. Heute ist sie mehr als das Zehnfache wert und findet sich bei etwa 150 Dollar wieder. Der Börsenwert liegt aktuell bei über zwei Billionen Dollar, ein Plus von über 1.000 Prozent, das verfügbare Investitionsgeld hat sich in den zehn Jahren von 76 Milliarden auf über 200 Milliarden mehr als verdoppelt. Der Profit ist in dieser Zeit von rund sechs Milliarden Dollar auf knapp 29 Milliarden Dollar gewachsen – allein im ersten Quartal des jeweiligen Jahres.

Selbst die Mitarbeiterzahl wuchs von rund 60.000 auf über 147.000. Um dem Zahlenregen noch einen würdigen Abschluss zu verleihen, sollte man einen Blick auf die Erfolgskurve des iPhones werfen. Zwischen 2013 und 2018 verkaufte Apple jedes Jahr mehr iPhones als in den fünf Jahren, als Jobs noch für das Gerät verantwortlich war.

Der Börsenwert ging, genau wie alle anderen Zahlen bei Apple, in den letzten Jahren steil bergauf.
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Cooks Meilensteine

Der Erfolg des iPhones kam unter anderem durch die breitere Produktpalette, gegen die sich Jobs immer gewehrt hatte. Unter Cook wurde 2014 erstmals das iPhone 6 Plus eingeführt, und mittlerweile dürfen Apple-Nutzer aus vier verschiedenen Modellen wählen, was sich 2021 wohl mit dem iPhone 13 fortsetzen wird.

Zwei eng an das iPhone geknüpfte Produkte wurden erst unter Cook eingeführt. Das war zum einen die Apple Watch, die ein ähnlicher Meilenstein für die Firma hätte werden sollen wie davor das iPhone selbst. Ja, die Watch war in jedem Fall erfolgreich, ist sie doch bis heute die einzige Smartwatch am Markt, die sich in relevanten Stückzahlen verkauft. Für das Versprechen, die Gesundheit der Nutzer nachhaltig zu verbessern, gibt es seit der Einführung 2015 aber keine Beweise. Der zweite Wurf von Cook waren die Airpods, ebenfalls eine Erweiterung des hauseigenen Smartphones. Am durchschlagenden Erfolg der zunächst stark belächelten Kopfhörer, die seit 2016 aus immer mehr Ohren hängen, gibt es keine Zweifel. Seit 2018 gehören die Airpods zu den meistverkauften Accessoires Apples, laut Marktanalysten dominieren sie mittlerweile 60 Prozent des globalen Kopfhörermarkts.

Im Jahr 2020 gelang dem CEO sein bisher wohl größter Wurf: Mit dem Apple M1 präsentierte die Firma ihren ersten selbstentwickelten Chip, der vom taiwanesischen Unternehmen TSMC hergestellt wurde. Die Leistung des Chips überstieg alle Erwartungen, und so wird der M1 bereits erfolgreich im Macbook Air, im Mac Mini, im Macbook Pro und seit Mai auch im iPad Pro sowie im neuesten iMac-Modell verbaut.

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Apple Pay ist in Österreich seit längerer Zeit verfügbar und wird auch zahlreich genutzt.
Foto: Reuters, Maxim Zmeyev

Rückschläge & Neuausrichtung

Nicht alle Pläne von Cook erwiesen sich als erfolgreich. So wurde die Ladematte Airpower nach Jahren der Entwicklung eingestellt, das Macbook Pro hatte über mehrere Jahre ein Problem mit der Tastatur, und über einen Apple-Fernseher hörte man schon Jobs philosophieren, aber ein Ergebnis dieser Bemühungen erblickte nie das Licht der Welt. Noch immer präsentiert man lediglich Iterationen der 2010 eingeführten Set-Top-Box Apple TV. Die größte Innovation auf diesem Gebiet war, überspitzt gesagt, die im April vorgestellte neue Fernbedienung. Auch in Sachen Augmented Reality (AR) gibt es seit rund fünf Jahren lediglich Gerüchte und inoffiziell veröffentlichte Skizzen eines geplanten AR-Headsets. Ähnliches gilt für das iCar, das laut Berichten keinen Autohersteller als Partner finden will.

Doch diesen Rückschlägen zum Trotz hat Cook in seiner Amtszeit etwas anderes geschafft: Apple wurde unter ihm zu einer Servicefirma – der App Store, Apple Care, Apple Pay, Apple Music, Apple Arcade, Apple TV Plus und die bei uns noch nicht verfügbaren Services Apple News Plus und Apple Fitness Plus. Die Umsätze dieser Services haben bereits 2016 alle Produkte bis auf das iPhone in Sachen Umsatz überholt. Mittlerweile sind die Services die Nummer eins bei Apple. Erweiterungen kommen laufend hinzu, etwa mit Apple Pay, der Apple Card oder Apple Cash hat man sich im Bereich bargeldloses Bezahlen etabliert.

Bei all dem Erfolg bekommt der Lack jedoch immer mehr Kratzer. Die Zeiten der Unnahbarkeit sind längst vorüber, und Cook muss sich mittlerweile immer mehr mit sehr vielen anderen Dingen beschäftigen als nur wachsenden Umsätzen. Für die meisten Schlagzeilen in den letzten Monaten hat mit Sicherheit der Rechtsstreit mit dem Spielehersteller Epic Games gesorgt. Der Grund für den Weg ins Gericht ist die Vorgabe von Apple, nicht nur an den Spielen im App-Store verdienen zu wollen, sondern auch an jedem Verkauf, der in einer App oder einem Spiel selbst passiert. Epic Games, selbst ein Riese in der Gaming-Branche, eskalierte diese in seinen Augen ungerechte Vorgehensweise, was mittlerweile viele interne Informationen von Apple in Gerichtsakten auftauchen ließ.

So wurden Kritiker der von Apple geplanten Foto-Scans als "kreischende Stimmen der Minderheit bezeichnet", und auch die Aussage, iMessage sei die "beste Plattform für Kinderpornografie", wurde so der Öffentlichkeit bekannt. Als letzte Negativschlagzeile formierten sich im August aktuelle und ehemalige Mitarbeiter auf der Plattform "AppleToo", um sich gegen Diskriminierung, Sexismus und Rassismus bei dem US-Konzern zur Wehr zu setzen.

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Cook und Jobs bei einem Apple-Meeting in Cupertino 2010.
Foto: AP, Paul Sakuma

Baldiger Abschied

Nach 23 Jahren bei Apple bleibt offen, welche Ziele sich Tim Cook noch stecken wird. In mehreren Interviews lässt er durchblicken, dass er sich rund um das Jahr 2030 aus seinen CEO-Agenden zurückziehen will. Ob er in dieser Zeit noch das iCar oder massentaugliche VR- beziehungsweise AR-Produkte präsentieren kann, bleibt abzuwarten. In jedem Fall kann man ihm nur wünschen, dass er einen Blick für die derzeitigen internen und externen Probleme hat und die Absicht verfolgt, diese alsbald zu lösen. Sonst besteht durchaus die Gefahr, dass man mit seiner Ära nicht nur die großen wirtschaftlichen Erfolge verbinden wird, sondern auch jene Zeit, in der Apple für ebenso viele Negativschlagzeilen gesorgt hat. (Alexander Amon, 26.8.2021)