Viele Schwangere haben Ängste wegen der Impfung. Ein Aufklärungsgespräch mit dem Arzt kann Sorgen zerstreuen.

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Als werdende Mutter möchte man nur das Beste für sein ungeborenes Kind, deshalb ist man bei jeder medizinischen Intervention besonders vorsichtig. Ist sie wirklich nötig? Könnte sie den Fötus gefährden? Überwiegt der Nutzen das Risiko? Berechtigte Fragen, würde man sich doch ewig Vorwürfe machen, wenn eine eventuelle Fahrlässigkeit bleibenden Schaden anrichten würde.

Besonders viele Fragen haben Schwangere natürlich in Bezug auf die Covid-Impfung. Die ist ab dem zweiten Trimester möglich, in der Regel wird ab der 15. Woche geimpft. Eine explizite Empfehlung für die Impfung gibt es nicht, das Nationale Impfgremium (NIG) schreibt aber in seiner aktuellen Empfehlung, dass "nach einer sorgfältigen individuellen Nutzen-Risiko-Evaluierung (...) die Impfung gegen Covid-19 mit einem mRNA-Impfstoff bei Schwangeren vorgenommen werden" kann.

Auch die Österreichische Gesellschaft für Geburtshilfe und Gynäkologie (OEGGG) spricht sich dafür aus, "Schwangeren aufgrund des erhöhten Risikos für einen schweren Verlauf die Impfung zu ermöglichen". Einige internationale Fachgesellschaften wie das American College of Obstetrics and Gynecology oder das britische Royal College of Obstetricians & Gynaecologists gehen sogar einen Schritt weiter und empfehlen die Impfung schwangeren Frauen dezidiert.

Höheres Risiko

"Der Hintergrund ist, dass bei Schwangeren das Risiko für einen schweren Verlauf im Falle einer Infektion deutlich höher ist", erklärt Martin Metzenbauer, Facharzt für Geburtshilfe und Gynäkologie in der Praxis für Pränatalmedizin Twocare. Das zeigt auch eine Studie, die im "British Journal of Medicine" erschienen ist. Bei schwerem Verlauf benötigen Schwangere außerdem deutlich häufiger externe Beatmung.

Wahrscheinlicher Grund für diese höhere Gefährdung ist, erklärt Metzenbauer, "dass das Immunsystem in der Schwangerschaft etwas heruntergefahren wird beziehungsweise etwas anders funktioniert, damit die Frau besser mit der Schwangerschaft zurechtkommt. Deshalb ist man in dieser Zeit anfälliger für Infekte. Außerdem wird der Bauch immer größer, das Ungeborene drückt Richtung Zwerchfell und Lunge. Die kann sich dadurch nicht mehr so gut bewegen, wird schlechter durchlüftet, die Frauen werden eher kurzatmig. Das dürfte für die erhöhte Komplikationsrate mitverantwortlich sein."

Zudem kommt es häufiger zu Komplikationen wie Präeklampsie, einer Bluthochdruckerkrankung, die vielen noch als Schwangerschaftsvergiftung bekannt ist, die für die Mutter und das ungeborene Kind gefährlich sein kann. Zu den Ursachen für die erhöhte Präeklampsie-Rate gibt es nur Vermutungen, wie zwei Studien im "American Journal of Obstetrics and Gynecology" zeigen.

Off-Label-Use

Gegen all diese Gefahren kann die Impfung helfen. Der Grund, warum viele Schwangere trotzdem zögern, ist, dass es sich dabei um einen Off-Label-Use handelt, das bedeutet, es gibt keine offizielle Zulassung dafür. Sie kann aber nach ärztlicher Aufklärung unter Eigenverantwortung verabreicht werden. Das verunsichert natürlich, aber: "In der Schwangerschaft ist praktisch alles Off-Label-Use. So ist etwa Acetylsalicylsäure (ASS), also Aspirin, eine hervorragende Präeklampsie-Prophylaxe, aber es gibt keine offizielle Zulassung dafür", betont Metzenbauer.

Doch es gibt mittlerweile wissenschaftlich belegte Daten zur Sicherheit der Impfung während der Schwangerschaft. Eine kürzlich im "New England Journal of Medicine" erschienene Studie stellt fest, das es keine offensichtlichen Sicherheitswarnsignale bei Schwangeren gibt, die einen mRNA-Impfstoff erhielten. Die Daten für die Studie stammen aus dem V-Safe-Programm der US-Seuchenbehörde CDC.

Was passiert nun bei der Impfung mit dem Fötus? Das ist die große Frage, die alle werdenden Eltern beschäftigt. Metzenbauer erklärt: "Es gibt zwei große Klassen von Antikörpern, die IgM und die IgG. Die IgM-Antikörper sind sehr groß und können die Plazentaschranke von der Mutter zum Fötus nicht passieren, die deutlich kleineren IgG kommen durch. Deshalb hat das Neugeborene dann einen sogenannten Nestschutz gegen Sars-CoV-2, für die ersten Monate nach der Geburt, aber keine langanhaltende Immunität."

Das wurde auch in einer sehr kleinen Studie, publiziert in der US National Library of Medicine, gezeigt. Eine wichtige Erkenntnis daraus: Die Impfung sollte mit einem gewissen Abstand zum Geburtstermin stattfinden und etwa einen Monat davor abgeschlossen sein, um eine ausreichende Antikörpermenge auf das Kind übertragen zu können.

Wichtige Aufklärung bei verständlichen Ängsten

Es gibt einige Sorgen, was Impfungen anbelangt, die gängigste ist aber, dass es sich bei der mRNA-Technologie um eine vorher noch nie eingesetzte Art der Impfung handelt. Viele werdende Mütter haben das Gefühl, sie sei noch zu wenig erprobt. Da sei es wichtig, wirklich gut aufzuklären und auf die Ängste einzugehen, betont Metzenbauer und entkräftet gleich noch eine große Angst: "Immer wieder fürchten Frauen, dass die Impfung die Gefahr einer Fehlgeburt erhöhen könnte. Das ist aber definitiv nicht der Fall."

In die Impfung hineindrängen will Metzenbauer niemanden, aber "es ist wichtig, dass man mit einem Arzt darüber spricht und seine Informationen nicht nur aus dem Netz bezieht. Ich habe das Gefühl, dass nicht wenige Frauen irrationale Ängste haben oder auch schlecht bis gar nicht informiert sind." Das aufklärende Arztgespräch nimmt auch vielen Eltern die Sorge. Einer Umfrage der Praxis Twocare unter 130 werdenden Müttern zufolge haben 52,3 Prozent der Befragten bereits vor der Schwangerschaft eine Voll- oder Teilimpfung erhalten beziehungsweise möchten sich noch vor der Geburt impfen lassen. 33,8 Prozent erklärten, sich nicht impfen lassen zu wollen, der Rest war noch unentschlossen.

Prinzipiell ist es sicher, während der Schwangerschaft zu impfen, erklärt Metzenbauer, man habe viel Erfahrung damit: "Im Prinzip kann man die meisten Impfungen durchführen. Man macht keine Lebendimpfungen wie die Masern, da die stärkere Reaktionen hervorrufen können. Aber bei Totimpfstoffen, wie es heute fast alle sind, gibt es wenig Einschränkungen." Mit der Verabreichung einer Impfung wartet man das erste Trimester ab, danach gibt es keine zeitliche Beschränkung. Nur eine Keuchhustenimpfung verabreicht man eher zum Schluss, damit das Neugeborene einen Nestschutz dadurch bekommt: "Keuchhusten ist nämlich bei Neugeborenen ein massives Thema", so Metzenbauer.

Kontraindikationen gegen eine Impfung in der Schwangerschaft gibt keine spezifischen. Nicht impfen darf man aber etwa bei einer allergischen Reaktion auf einen Inhaltsstoff des Vakzins nach der ersten Teilimpfung. Besteht eine Autoimmunerkrankung wie etwa multiple Sklerose – da gibt es einige Schwangere –, muss man im Einzelfall entscheiden. Das wird jeweils im Gespräch zwischen Arzt und Patientin abgeklärt. (Pia Kruckenhauser, 26.8.2021)