Wiens Polizeipräsident Gerhard Pürstl und Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) auf einer Pressekonferenz Ende Jänner anlässlich von Ausschreitungen auf einer Demonstration von Corona-Maßnahmengegnern. Weil Rudi Fußi in einem Tweet die Strategie der Polizei auf der Demo scharf kritisierte – und in den Augen von Nehammer die Behörde beleidigte –, kam es zu einem juristischen Nachspiel.

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Neues Kapitel in der Causa Rudi Fußi gegen das Innenministerium: Nachdem der Aktivist und PR-Berater Ende Juni von der Datenschutzbehörde recht bekommen hat – demnach verletzten das Innenministerium und Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) mehrmals Fußis Recht auf Geheimhaltung, weil seine persönlichen Daten veröffentlicht wurden –, scheint das Ministerium nun doch nicht mehr an einer Berufung interessiert zu sein. Der Bescheid der Datenschutzbehörde ist rechtskräftig.

"Erfreuliche Bestätigung" der Ansprüche

Ende Juni, nachdem die Datenschutzbehörde entschieden hatte, hieß es gegenüber dem STANDARD noch, man gehe "sehr wahrscheinlich" mit einer Berufung am Bundesverwaltungsgericht gegen die Entscheidung vor. Warum dies nun nicht passiert, ließ das Ministerium auf Anfrage bislang unbeantwortet.

"Aus unserer Sicht ist das natürlich die erfreuliche Bestätigung, dass die von Rudi Fußi geltend gemachten Ansprüche unangefochten berechtigt sind", sagt die Anwältin Maria Windhager, die auch den STANDARD vertritt.

Die Vorgeschichte: Nach einer Demonstration schrieb Fußi auf Twitter über die Vorgehensweise der Exekutive, Polizeihunde seien wahrscheinlich intelligenter als der durchschnittliche Mitarbeiter der Landespolizeidirektion Wien.

Vergleich mit Verschwörungstheoretikern

Prompt folgte die Verurteilung durch Innenminister Karl Nehammer (ÖVP), und zwar auf der Website des Innenministeriums, auf Twitter und via APA-OTS. Auf der Ministeriumsseite hieß es tagelang, dass man rechtliche Schritte gegen Fußi prüfe. "Sogenannte Polit-Aktivisten, die die Arbeit der Polizistinnen und Polizisten diskreditieren und diese darüber hinaus noch beleidigen, dürfen nicht unkommentiert bleiben", wird Nehammer dort zitiert. Ein derartiges Verhalten sei genauso gefährlich für das demokratische Zusammenleben wie das Verbreiten von Verschwörungstheorien oder extremistischen Ansichten, heißt es weiter in dem Beitrag des Innenministers.

Fußi entschuldigte sich und löschte den entsprechenden Tweet. Gegen das Vorgehen auf den Kanälen des Innenministeriums wehrte er sich mit einer Datenschutzbeschwerde: Bei der mehrfachen Nennung seines Namens im Zusammenhang mit einer mutmaßlichen Straftat in dem Artikel, den Tweets auf dem Twitter-Account des BMI und in der APA-OTS handle es sich um eine Verarbeitung personenbezogener Daten, für die es keine Rechtsgrundlage gebe, argumentierte Windhager. Die Folge: Das Innenministerium löschte besagten Artikel und auch die Tweets sukzessive – obwohl man ja nach wie vor in der Beschwerde die Rechtsansicht vertrat, dass die Veröffentlichung in Ordnung gewesen sei.

Team Fußi prüft Amtshaftungsklage

Mit dem nun rechtskräftigen Entscheid der Datenschutzbehörde ist die Causa allerdings noch immer nicht erledigt. Windhager und Fußi prüfen derzeit Amtshaftungsansprüche, "nicht nur im Hinblick auf die entstandenen Kosten, sondern insbesondere auch auf (immateriellen) Schadenersatz", heißt es in einer Stellungnahme zum STANDARD. Denn die Datenschutzbehörde darf gegenüber einer staatlichen Behörde keine Geldbußen verhängen. Auch andere Konsequenzen blieben mit dem Entscheid aus, da das Ministerium die Beiträge ja bereits gelöscht hatte.

Strafrechtliche Konsequenzen nicht geklärt

Und auch das strafrechtliche Nachspiel, also der eigentliche Ausgangspunkt der ganzen Auseinandersetzung, ist noch nicht geklärt. Ob Fußis Aussagen einen Straftatbestand erfüllen, ist noch immer nicht geklärt. Zur Einvernahme war der Aktivist bereits im April bei der Staatsanwaltschaft. Seither habe man von dieser nichts mehr gehört. (Lara Hagen, 26.8.2021)