Ein Jahr lang hat der Fisch im Container von Seawater Cubes gelebt, jetzt ist er tot und kann gegessen werden.

Foto: fellner

Saarbrücken (Saarland) – "Donnerstag ist Schlachttag", sagt Carolin Ackermann und nimmt einen der toten Wolfsbarsche in die Hand. Sie zeigt auf die Qualitätsmerkmale: Die Augen sind klar, die Kiemen tiefrot. Entschuppt und ausgenommen ist der Fisch auch schon. Gezüchtet wurde er hier in Saarbrücken (Saarland) – in einer Gegend, die lange als Stahl- und Kohleregion boomte, in den 1960er- und 1970er-Jahren aber großteils kollabierte. Das Saarland stieg auf die Automobilindustrie um und in den letzten Jahren immer mehr auf IT-Unternehmen. Aber auch Start-ups wie die moderne Fischzucht von Seawater Cubes siedelten sich hier an.

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Das Konzept des jungen Unternehmens: kleine, überall schnell aufgebaute Zuchtbecken für Meeresfische, um die sich die Besitzerin oder der Besitzer kaum kümmern muss. Denn ein Computer hat Salzgehalt, Sauerstoff, pH-Wert und andere wichtige Parameter im Blick und korrigiert bei Bedarf. "Die Anlage weiß zu jedem Zeitpunkt, was sie machen muss", sagt Carolin Ackermann, Mitgründerin und Geschäftsführerin der Firma.

Machbare Dimensionen

Seit drei Jahren bauen Ackermann und ihre beiden Partner hier Container und züchten Fische. Kennengelernt haben sie einander beim Studium im Saarland. Ein riesiges Fischzuchtprojekt, für das Ackermanns Studienkollegen angeworben wurden, scheiterte: Für die große Menge an Fisch fanden sich nicht genug Abnehmer. Die Firma ging pleite, die Ingenieure waren arbeitslos. Und gründeten ein neues Fischzuchtunternehmen – aber in klein.

Den größten Teil des Containerkomplexes machen die Becken für die Fische aus.
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Drei ganz normale Schiffscontainer beherbergen eine Anlage, zwei davon sind mit Becken belegt. Im dritten sind Filter und die Schaltanlage untergebracht. Ein Jahr verbringen die Fische hier, bis sie getötet werden. Weil nicht alle Tiere gleich schnell wachsen, "kann man jede Woche kontinuierlich abfischen", erklärt Ackermann. Hier im Saarbrückener Industriegebiet verkaufen die Unternehmer Fische auch selbst, geschlachtet wird nur, was auch bestellt wurde.

Interessenten auch in Österreich

Das sei auch der Vorteil gegenüber großen Zuchtanlagen oder dem Wildfang aus dem Meer: Es befinden sich keine Schadstoffe im Wasser, die Fische sind frei von Mikroplastik, es kommt zu keinem Überschuss, und auch Beifang gibt es keinen. Umweltfreundlicher sei das Ganze sowieso, sagt Ackermann. Im Vergleich zu anderen Haltungsformen hätten die Fische auch viel Platz. Bei der Maßzahl Kubikmeter Wasser pro Fisch arbeite man ein Drittel unter dem Limit, sagt die Gründerin.

Nach der Betäubung im Strombecken werden die Wolfsbarsche getötet, entschuppt und ausgenommen.
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Der Direktverkauf in Saarbrücken ist dabei eher ein Weg, um zu zeigen, was man kann: Das eigentliche Geschäftsmodell von Seawater Cubes ist der Bau und Verkauf der Anlagen. Drei bis vier Interessenten gebe es dafür schon, einen davon in Österreich, sagt Ackermann. Zielgruppe seien einerseits Investoren im Bereich Urban Farming, andererseits Landwirte auf der Suche nach einem Zusatzverdienst. Wobei die Anfangskosten – eine Containergruppe kostet rund 250.000 Euro – auf letztere eher abschreckend wirken.

Nachhaltige Fütterung mit Algen oder Insekten

Um die Fertigung auch in größeren Maßstäben abwickeln zu können, sei die Firma in Gesprächen mit einem strategischen Partner. Derzeit kann Seawater Cubes nur zwei Anlagen parallel bauen. Überhaupt will sich das Unternehmen mehr auf Forschung und Entwicklung konzentrieren: Nachhaltige Fütterungsmöglichkeiten etwa mit Algen oder Insekten seien angedacht, auch die Stapelung der drei Container wäre von Vorteil.

Ackermann sagt, sie wollte schon immer ein eigenes Unternehmen gründen. Und im Saarland habe man halt zwei Möglichkeiten: entweder die Automobilindustrie, oder "etwas Eigenes zu machen". Ein Förderprogramm des Bundes habe dann auch das nötige Investitionsvolumen gebracht: 1,3 Millionen Euro kamen von der Regierung für die Entwicklung eines Prototyps. Ackermann sagt, sie wollte auch etwas zur Weiterentwicklung des Saarlandes als Wirtschaftsstandort beitragen und zusätzlich zur Autoindustrie und den hier gut vertretenen IT-Unternehmen "auch ein bisschen Foodtech" in den Mix bringen.

Protein, aber nachhaltig

Und ein bisschen grundsätzlicher sieht sie auch die Chance, einen Beitrag zur Lösung der "elementaren Probleme unserer Welt" zu leisten. Die nachhaltige Produktion tierischen Proteins gehöre da dazu. "Das ist die Aufgabe unsere Generation: diese Themen anzugehen. Denn die vorigen Generationen haben es nicht gemacht." (Sebastian Fellner aus Saarbrücken, 26.8.2021)