Erfolgsduo.

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Tokio – Zweiter Wettkampftag, erste Medaille für Österreich bei den XVI. Paralympischen Spielen in Tokio. Dass Pepo Puch anschrieb, war keine Sensation, aber dennoch eine großartige Sache. Silber in der Grade II (Schritt und ein wenig Trab mit Reiterinnen und Reitern mit mangelhafter Rumpfbalance und begrenzten Arm- und Beinfunktionen) war Puchs fünfte Paralympics-Medaille. Sowohl 2012 in London als auch 2016 in Rio de Janeiro holte der Wahlschweizer einmal Gold, dazu in England Bronze und in Brasilien Silber.

Drittes Medaillenpferd

In London war Puch auf der Stute Fine Feeling erfolgreich gewesen, in Brasilien trug ihn der Wallach Fontainenoir aufs Podest. In Japan heißt der Erfolgsgarant Sailor’s Blue. Der 13-jährige Wallach spielte unter Puch seine Erfahrungen aus Welt- und Europameisterschaften aus.

Das Duo musste sich nur – allerdings deutlich – einer anderen Legende das Para-Reitsports geschlagen geben. Sir Lee Pearson ritt auf Breezer zu seiner elften Goldmedaille. Der 2017 Geadelte aus Cheddleton, Staffordshire, lebt mit einer angeborenen Gelenkssteife. Bronze ging ebenfalls an Großbritannien. Georgia Wilson, die wegen einer angeborenen Cerebralparese zu reiten begann, holte auf Sakura Rang drei.

Kein Josef, kein Sepp

Pepo Puch, als Josef Puch in Oberzeiring, Bezirk Judenburg, geboren ("Da, wo ich herkomme, hat es zu viele Josefs oder Seppen in der Schule gegeben"), war ein erfolgreicher Distanz- und Vielseitigkeitsreiter, ehe sich bei einem Reitunfall vor nunmehr 13 Jahren eine inkomplette Querschnittlähmung zuzog.

Puch hatte als Sicherheitsbeauftragter des Weltverbands bei einem Turnier in Scheneberg, Hamburg, eine Airbag-Weste getestet. Als die Weste wegen eines Materialfehlers explodierte, scheute Puchs Pferd und warf den Reiter ab. "Ich bin runtergefallen, konnte wegen der Weste nicht abrollen. Ich war halt der Dummy", erzählte Puch dem STANDARD.

Die Rettungskette funktionierte perfekt, schon am Tag nach dem Unfall wurde in einer Spezialklinik in der Schweiz an der Rehabilitation gearbeitet, nach ein paar Wochen konnte Puch, dessen Schwiegervater für die Schweiz olympisch geritten ist, den großen Zeh bewegen "Nach vier Monaten konnte ich mir mit der Hand ins Gesicht greifen."

Aufrecht am Stock

Vergleichbare Verletzungen – Puch erlitt Brüche im Bereich des dritten und vierten Halswirbels – führen zu einem Leben im Rollstuhl. Puch geht dagegen aufrecht selbstständig am Stock, obwohl er seine Beine nicht spürt. "Ich denke gehen." Puchs Handicap wird durch das Pferd ausgeglichen, das der Reiter nur durch seine Stimme und Balance lenken kann.

Sailor’s Blue kam übrigens für die Spiele wegen eines höheren Vollblutanteils als der zweite Kandidat Fürst Chili zum Zug. Er ist lange Reisen gewöhnt und verträgt die Hitze besser. Während des Bewerbs hatte es in der japanischen Hauptstadt deutlich über 30 Grad.

Die Bedingungen werden sich nicht groß ändern, Puchs Ziel für Tokio auch nicht, obwohl er sich nur eine Medaille vorgenommen hatte. Er ist noch zweimal mit dem Team und am Montag im Freestyle-Einzel im Einsatz, wo sich dem gelernten Rauchfangkehrer noch eine Chance aufs dritte Gold en suite bietet.

Gardos hofft

Chancen auf die zweite Bronzemedaille nach jener in Rio de Janeiro hatte auch noch Tischtennisspieler Krisztian Gardos, obwohl er sein zweites Spiel bei den Paralympics in Tokio gegen den französischen Poolfavoriten Mateo Boheas mit 1:3 (11, –11, –4, –3) verloren hat. Dank des 3:0-Auftaktsieges am Vortag gegen den Südafrikaner Theo Cogill steht dem Tiroler, der an einer Hüftgelenksarthrose leidet, das Viertelfinale noch offen. Die Entscheidung darüber fällt am Freitag gegen Carlos Carbinatti. Gegen den Brasilianer hatte Gardos in Rio gewonnen.

Das Viertelfinale ist wie das Semifinale für Samstag angesetzt. Finale und Spiel um Platz drei stehen am Sonntag auf dem Programm. (Sigi Lützow, 26.8.2021)