Der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig bietet an, Richterinnen, Journalistinnen und anderen Frauen aus Afghanistan, die nun in ihrer Heimat um ihr Leben fürchten müssen, humanitäre Hilfe zu gewähren.

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Die Kritik an der ÖVP wegen deren Weigerung, Flüchtlingen aus Afghanistan humanitäre Hilfe zu gewähren und sie in Österreich aufzunehmen, reißt nicht ab. Nach Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), der dem türkisen Koalitionspartner mangelnde Menschlichkeit vorwarf, schlägt auch die SPÖ verstärkt einen Gegenkurs zur Kanzlerpartei ein. Der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) bekräftigte am Donnerstag sein Angebot, Flüchtlinge aufzunehmen.

Er denke beispielsweise "an 300 Richterinnen, die in Afghanistan das erste Mal als Frauen in solche Positionen gekommen sind. Die jetzt im Leben sehr oft bedroht sind, die auf Todeslisten sind", sagte Ludwig in einem Interview mit Puls 24. Auch Journalistinnen und andere Frauen, die sich dafür eingesetzt hätten, dass Mädchen eine entsprechende Schul- und Bildungslaufbahn einschlagen können, bräuchten nun Hilfe, so Ludwig.

Wissenschafter appellieren

Auf die dramatische Lage von Universitätsangehörigen in Afghanistan machen Hochschulverbände und Netzwerke aufmerksam. In einem Appell an europäische Regierungen und EU-Institutionen fordern sie, die Evakuierungsflüge so lange wie möglich fortzusetzen, damit auch Wissenschafter und Studierende aufgenommen werden können. "Die Flüge dürfen erst beendet werden, wenn alle, die das Land verlassen wollen, in Sicherheit sind", forderte Menschenrechts experte Manfred Nowak.

Die SPÖ ortet auch bei der Evakuierung von österreichischen Staatsbürgern und von Afghanen mit starker Anbindung an Österreich ein "türkises Versagen". Andere Staaten hätten die Evakuierungen ihrer Leute schon vor einer Woche abgeschlossen beziehungsweise würden diese von Verstecken abholen und sie zum Flughafen geleiten. Die heimische Bundesregierung teile Betroffenen hingegen lapidar mit, "sie sollen sich selbst zum Flughafen in Kabul durchschlagen", so SPÖ-Klubchef Jörg Leichtfried und SPÖ-Wehrsprecher Robert Laimer.

15 Millionen Euro für Afghanistan-Hilfe

Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) hat derartige Vorwürfe in der ZiB 2 am Mittwochabend kategorisch zurückgewiesen. Man tue alles, um Menschen aus Afghanistan herauszubekommen, alle Länder mit diesem Ansinnen hätten große Probleme. Einmal mehr betonte Schallenberg auch seine Ablehnung der Aufnahme afghanischer Flüchtlinge. Kritik – u. a. von Bundespräsident Alexander Van der Bellen, der zur Aufnahme von Afghanen aufgerufen hatte – wies Schallenberg zurück. Österreich nehme seine Verpflichtung zu helfen anders wahr. Die Regierung werde weitere 15 Millionen Euro Soforthilfe für die Uno und das Flüchtlingshochkommissariat (UNHCR) leisten, kündigte der Außenminister an.

ÖVP für ein "Sharia-Verbot"

Das Thema Flüchtlingshilfe wird auch beim ÖVP-Bundesparteitag am kommenden Wochenende in St.Pölten eine Rolle spielen – auch wenn es im Leitantrag, der sich als Vision für die politische Arbeit der kommenden Jahre versteht, nicht erwähnt wird. Für "ein besseres Österreich" will die ÖVP unter anderem mit einem "Sharia-Verbot" den politischen Islam bekämpfen. (simo, 26.8.2021)