Kein Aktivismus im frommen Ökodesign, sondern mit cool blinkender Unterhaltungselektronik.
Foto: Nereu Jr

Furcht vor Widersprüchen kennt die brasilianische Schauspielerin Gabriela Carneiro da Cunha (39) nicht. Aktuell tritt sie in ihrer Performance Altamira 2042 bei den Wiener Festwochen gegen das Staukraftwerk Belo Monte nahe der Stadt Altamira im Bundesstaat Pará an. Aber nicht im frommen Ökodesign, sondern mit cool blinkender Unterhaltungselektronik.

Aus den Party-Soundboxen plätschert der Fluss, zwitschern Vögel, rauscht der Wind und röhren die Kettensägen. Carneiro da Cunha macht keine Party-killt-Regenwald-Gleichung auf. Vielmehr schildert sie eine neue Stimmung: Der verzweifelte Protest wider die Vernichtung des Regenwalds im Amazonasgebiet wird zur Wut gegen die Verursacher aus Wirtschaft und Politik. Bis 2042 sollen die Staumauern des Mega-Kraftwerks eingerissen werden. Das Publikum ist eingeladen, mit Hammer und Meißel zu proben. So, wie es bei der Berliner Mauer war, soll es auch Belo Monte ergehen: Freiheit für den vergewaltigten Rio Xingu!

"Sind im Krieg!"

Anders als noch Silke Huysmans und Hannes Dereere, die bei Impulstanz 2018 in ihrer Performance Mining Stories die verheerenden Folgen des lecken Absetzbeckens einer Erzmine für den Rio Doce im brasilianischen Staat Minas Gerais dokumentierten, schaltet Carneiro da Cunha auf Aktivismus: "Wir befinden uns mitten in einem Krieg", heißt es unmissverständlich.

Im Vorjahr haben die Festwochen die indigene Aktivistin und Schauspielerin Kay Sara zu Wort kommen lassen. Sie berichtete über den Umgang der Rodungskommandos mit Aktivisten: "Wer den Holzfällern in die Hände fällt, wird ermordet." Ähnliches ist auch den in Altamira 2042 wiedergegebenen Interviews zu entnehmen. Diese Performance ist so ernst gemeint, dass Carneiro da Cunha auf Verbeugungen zum Schlussapplaus verzichtet. (Helmut Ploebst, 27.8.2021)