Sebastian Kurz beim Parteitag in St.Pölten.

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Neunundneunzig Komma vier Prozent, das ist ein tolles Ergebnis für Sebastian Kurz, auch wenn herumgemäkelt wird: Es haben gar nicht alle Delegierten abgestimmt, mosern die einen; das ist ein nordkoreanisches Ergebnis, ätzen die anderen. Ja, stimmt, am ÖVP-Parteitag war nichts von Kritik zu hören. Das heißt nicht, dass es diese nicht gibt, aber die Veranstaltung war nicht der richtige Ort, um mit einem an sich geschätzten, wenn nicht gar geliebten Parteichef abzurechnen. Diese Übung bleibt anderen Parteien vorbehalten.

Was man der ÖVP vorhalten kann: Für Debatten war dort kein Platz. Die Delegierten konnten sich ganz der Heldenverehrung hingeben, über inhaltliche Ansätze, wie das Land zu gestalten und was in der Sache weiterzubringen wäre, brauchte sich niemand den Kopf zu zerbrechen. Die wesentlichen Überschriften standen in einem vorformulierten Leitantrag der Parteispitze, den man nur noch abnicken musste.

Die Gründe für das gute Ergebnis bei der Wiederwahl von Kurz liegen auf der Hand: Er ist, ganz objektiv betrachtet, überaus erfolgreich. Und es gibt keine Alternative.

Dazu kommt, dass die geschickt ausgetragene Auseinandersetzung mit Opposition und Justiz dazu führt, dass sich die Reihen hinter Kurz schließen. Die Mystifizierung "Alle gegen einen" wirkt. Die sorgsam inszenierte Huldigung des Parteichefs, die an Heiligenverehrung erinnert, mutet dennoch seltsam an. Das ist ein wenig gruselig. (Michael Völker, 30.8.2021)