Britische Fachleute haben eine neue Klasse von Planeten außerhalb des Sonnensystems beschrieben, auf denen Leben möglich sein könnte. Diese Exoplaneten könnten an der Oberfläche vollständig mit Wasser bedeckt sein und eine dichte Wasserstoffatmosphäre haben. Bisher haben Astronominnen und Astronomen vor allem erdähnliche Felsplaneten, auf denen es flüssiges Wasser gibt, für die Beherbergung von Lebewesen in Betracht gezogen.

Die Studie unter der Leitung von Nikku Madhusudhan von der University of Cambridge in Großbritannien ist im Fachmagazin "The Astrophysical Journal" erschienen. "Von den tausenden heute bekannten Exoplaneten sind die allermeisten massearme Planeten mit Größen von ein bis vier Erdradien, zwischen den terrestrischen Planeten und den Eisriesen des Sonnensystems", schreibt das Forschungsteam. Diese Planeten werden – je nach Größe und Beschaffenheit – vorwiegend als "Super-Erde" oder "Mini-Neptun" bezeichnet. Als habitabel, also bewohnbar, gelten Planeten, wenn die mittlere Temperatur größere Mengen flüssigen Wassers zulässt. Die mittlere Temperatur ist vor allem abhängig von der Strahlungsintensität des jeweiligen Sterns und von der Entfernung des Planeten von diesem Stern.

Bewohnbare Nachtseite

Madhusudhan, seine Kollegin Anjali Piette und sein Kollege Savvas Constantinou hatten zuvor den Planeten "K2-18b" im Sternbild Löwe 124 Lichtjahre von der Erde entfernt untersucht. Der Planet – hier im Exoplanetenkatalog der Nasa zu sehen – ist etwa 8,6-mal so schwer wie die Erde und sein Radius ist etwa 2,5-mal so groß. In seiner Atmosphäre wurde neben Wasserstoff auch Wasser nachgewiesen. Von "K2-18b" leiteten die Forscher eine Klasse von Exoplaneten ab, die sie "Hycean" genannt haben – nach "hydrogen" (Wasserstoff) und "ocean" (Ozean). Solche Planeten seien viel häufiger als Felsplaneten mit flüssigem Wasser.

Diese künstlerische Darstellung zeigt den Planeten K2-18b, der 2015 entdeckt wurde.
Bild: ESA / Hubble, M. Kornmesser

Die möglichen Lebensbedingungen richten sich dabei auch nach Extrembedingungen in Ozeanen auf der Erde. An Thermalquellen im tiefen Ozean sind Mikroorganismen gefunden worden, die Temperaturen von mehr als 80 Grad und hohen Wasserdruck aushalten können. Dementsprechend könnten die durchschnittlichen Oberflächentemperaturen eines bewohnbaren Planeten deutlich höher sein als auf der Erde.

Dies gilt insbesondere für Planeten mit einer gebundenen Rotation, die also dem Stern immer dieselbe Seite zuwenden – so, wie vom Mond für uns immer dieselbe Seite zu sehen ist. Bei diesen Planeten ist die ständige Tagseite nicht habitabel, die ständige Nachtseite könnte es aber sein, wenn es keinen effizienten Wärmeausgleich zwischen Tag- und Nachtseite gibt. Auch bei sternfernen Planeten, die kaum wärmende Strahlung erhalten, kann eine Wasserstoffatmosphäre mit dem 1.000-fachen Druck der Erdatmosphäre das Wasser an der Oberfläche flüssig halten.

Neue Erkenntnisse durch James-Webb-Weltraumteleskop

Das Team um Madhusudhan untersuchte auch, welche chemischen Stoffe Hinweise auf Leben geben könnten. Dabei setzten sie weniger auf die Substanzen, die auf der Erde in großen Mengen auf Lebewesen zurückgehen, wie Sauerstoff, Methan oder Lachgas (N2O). Stattdessen bevorzugten sie Gase, die aus sekundären Stoffwechselprozessen von Mikroorganismen freigesetzt werden, wie Chlormethan, Dimethylsulfid, Kohlenstoffsulfid oder Carbonylsulfid.

Diese Substanzen dürften nur als Spurengase in der Atmosphäre eines bewohnten Planeten zu finden sein. Aber das Forschungsteam ist zuversichtlich, dass sie mit dem neuen James-Webb-Weltraumteleskop, das im November 2021 ins All gebracht werden soll, entdeckt werden können, auch weil Hycean-Planeten größer sind als Felsplaneten. "Wir müssen offen dafür sein, wo wir Leben erwarten und welche Form dieses Leben annehmen könnte, da uns die Natur immer wieder auf oft unvorstellbare Weise überrascht", so Madhusudhan. (APA, red, 29.8.2021)