Insgesamt gesehen traf die erste deutsche Ausgabe des "Micky Maus Magazins" am 29. August 1951 auf eine zweifellos breite und in puncto Unterhaltung ziemlich ausgehungerte Zielgruppe.

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Diese 70 Jahre sind nicht kleinzureden: Am Beispiel des Micky Maus Magazins lernten Kinder früh, dass es im Leben nichts, aber schon gar nichts umsonst gibt und dass Bestechung funktioniert. Wie die Karotte vor dem Esel wachelten die Mütter mit dem "Micky-Maus-Heftl", wenn es zum Zahnarzt ging. Zufriedenstellendes, ja manchmal sogar befriedigendes Betragen im Jahreszeugnis wurde gleichfalls auf diese Weise honoriert. Kinder dankten es mit zweistündigem Schweigen, unterbrochen nur von Geräuschen, die in den Comics als "raschel", "quietsch" und "lach" beschrieben worden wären.

Insgesamt gesehen traf die erste deutsche Ausgabe des Micky Maus Magazins am 29. August 1951 auf eine zweifellos breite und in puncto Unterhaltung ziemlich ausgehungerte Zielgruppe. Um die Abenteuer von Micky, Goofy, Onkel Donald und Dagobert, samt Love-Interests Minnie und Daisy und Gegenspieler wie Kater Karlo, Panzerknacker, Gundel Gaukeley, rissen sich trotz vorgetäuschter "Schund"-Ressentiments bald Alt und Jung. Eine beispiellose Erfolgsgeschichte mit mehr als 1,3 Milliarden verkauften Heften in 70 Jahren war die Folge. Bis heute erschienen rund 3.300 Ausgaben des Magazins.

Teuer gehandelte Sammlerstücke

Das bunte Monatsheft erschien in Farbe und zunächst mit einer von Disney-Zeichner Carl Barks gestalteten Aufmachergeschichte. Diese frühen Hefte sind heute teuer gehandelte Sammlerstücke.

Wesentlichen Anteil daran hat die Übersetzerin Erika Fuchs, die als erste Chefredakteurin bis 1988 der in Wahrheit reichlich biederen Spaßtruppe in der deutschen Fassung zu mehr Pep verhalf. Fuchs war Meisterin der Lautmalerei und wortgewandte Sprücheklopferin. Ihr "Dem Ingeniör ist nichts zu schwör" wurde berühmt. Heute als zu deftig empfundene Ausdrücke wie "Untermensch" und "Muselmann" entschärfte die Redaktion im Nachhinein – sehr zum Missfallen der Fans.

Mit den Jahren übernahmen europäische Zeichner den Job der Amerikaner, die Geschichten wurden flach. Aus der einst anarchistischen Mickey Mouse von Steamboat Willie wurde "Herr Maus" in weißem Hemd und käsigen Detektivgeschichten. Ein Sieg der Fadesse und letztlich die Niederlage einer Medienkultur, in der Buben und Mädchen sich noch um Printprodukte wie Silberpfeil, Fix und Foxi und Gespenstergeschichten stritten. Die verkaufte Auflage liegt heute bei 72.000 Exemplaren. Es war eine andere Zeit. Trööööt!!! (Doris Priesching, 29.8.2021)