Jacques Rogge.

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Lausanne – Das Internationale Olympische Komitee trauert um seinen langjährigen Präsidenten Jacques Rogge. Der Belgier, der als Vorgänger von Thomas Bach zwölf Jahre lang die Geschicke des Ringe-Ordens lenkte, ist im Alter von 79 Jahren gestorben. Das gab das IOC "in großer Trauer" ohne weitere Details am Sonntagabend bekannt.

"Die gesamte Olympische Bewegung wird den Verlust eines großen Freundes und leidenschaftlichen Sportfans tief betrauern", wurde Bach in der Mitteilung zum Tod des achten IOC-Präsidenten zitiert, der als Kämpfer gegen das Doping galt und die Weltorganisation aus einer der schwersten Krisen führte.

Würdigungen

Bach würdigte den gelernten orthopädischen Chirurgen Rogge als "erfolgreichen Präsidenten, der dazu beigetragen hat, das IOC zu modernisieren und umzugestalten", als Vater der Olympischen Jugendspiele und "unermüdlichen" Kämpfer für sauberen Sport. "Seit wir gemeinsam als IOC-Mitglieder gewählt wurden, verband uns eine wunderbare Freundschaft, die bis zu seinen letzten Tagen anhielt", erklärte Bach.

"In erster Linie liebte Jacques Rogge den Sport und das Zusammensein mit Athleten – und er übertrug diese Leidenschaft auf jeden, der ihn kannte", so Bach weiter über den ehemaligen Rugby-Nationalspieler und Segler, der auf dem Wasser 1968, 1972 und 1976 an Olympischen Spielen teilnahm: "Seine Freude am Sport war ansteckend."

Nach seiner sportlichen Karriere schlug Rogge die Funktionärslaufbahn ein, führte zunächst das Nationale Olympische Komitee Belgiens und Europas an. 2001 trat er die Nachfolge des allmächtigen Spaniers Juan Antonio Samaranch als IOC-Boss an.

Rogge, der seine Ehefrau Anne, zwei Kinder und zwei Enkelkinder hinterlässt, übernahm ein schweres Erbe und verließ die große Sportbühne gesundheitlich bereits stark angeschlagen. Schwierige Jahre zu Beginn und zahlreiche Rückschläge ließen den belgischen Grafen zum Taktiker, vorsichtigen Diplomaten und Pragmatiker werden.

Gute Seiten, schlechte Seiten

Die noch von Samaranch initiierten Reformen nach der Bestechungsaffäre von Salt Lake City führte er vorsichtig fort, polierte das angekratzte IOC-Image auf und verschaffte der Weltorganisation wieder mehr Anerkennung und finanzielle Stabilität. Gelobt wurde er für seinen Führungsstil mit ruhiger Hand, kritisiert dagegen immer wieder für seine eher lasche Haltung in Menschenrechtsfragen.

Dem Anti-Doping-Kampf verpasste Rogge mit seiner Null-Toleranz-Politik einen neuen, strengeren Anstrich, als großer Visionär galt der belgische Graf aber nie. Auf seiner letzten Pressekonferenz bei der IOC-Session in Buenos Aires verabschiedete sich der warmherzige Mann mit dem trockenen Humor in Bescheidenheit und Demut: "Ob ich es genossen habe? Nicht immer, aber es war aufregend und immer ein Privileg."

Das IOC kündigte an, die olympische Flagge am Sitz in Lausanne fünf Tage lang auf Halbmast wehen zu lassen. Nach einer privaten Trauerfeier werde es später im Jahr eine öffentliche Gedenkfeier geben. Auch der belgische Premierminister Alexander De Croo würdigte am Sonntagabend die Verdienste seines Landsmannes: "Ruhe in Frieden, Jacques Rogge. Herausragender Sportler, Hüter des Fair Play, homo universalis." (sid, 29.8.2021)