Seit Montagfrüh sind drei Baustellenzufahrten zur Stadtstraße blockiert. Die Polizei ist vor Ort.

Foto: Timon Schiesser

Etwa 100 Aktivistinnen und Aktivisten blockieren seit den frühen Morgenstunden drei Zufahrten zu Baustellen für die Wiener Stadtstraße im 22. Wiener Gemeindebezirk. Lena Schilling vom Jugendrat ist eine von ihnen: "Die Stimmung hier ist super." Die Polizei sei vor Ort und habe sich auch bereits mit den hauptsächlich jungen Leuten, auch 13-Jährige seien dabei, ausgetauscht. "Die Beamten waren ganz entspannt", sagt Schilling. Derzeit sehe es nicht nach einer Räumung aus. "Aber selbst wenn das im Laufe des Tages passieren sollte – wir kommen wieder."

Mehrere aktivistische Organisationen haben sich am Montag zusammengefunden, um Baustellen in der Lobau zu blockieren. Ihre Forderung: ein sofortiger Baustopp.



DER STANDARD

Die radikalisierten "Klimakids"

Schilling ist eine der oft als "Klimakids" bezeichneten jungen Menschen, die wegen des Klimawandels auf die Straße gehen – zunächst bei den wöchentlichen "Fridays for Future"-Demonstrationen, danach auch für andere Initiativen und Organisationen. Die 20-Jährige ist es auch, die das seit Freitag laufende Protestcamp gegen die Stadtstraße angemeldet hat. "Das Camp besteht weiterhin – auch parallel zu dieser Aktion." Etwa 40 Personen zelten seit Freitag in Hirschstetten. Zum Start kamen etwa 400 Personen zu einer Demonstration. Die Aktivisten fordern einen Baustopp der Stadtstraße Aspern und eine Absage der Lobau-Schnellstraße. "Man kann sagen, das ist die Radikalisierung der Klimakids", sagt Schilling zu den derzeit laufenden Protestaktionen.

Pläne für die Stadtstraße

Nach den Vorarbeiten soll mit dem Bau der Stadtstraße Ende des heurigen Jahres begonnen werden, die Verkehrsfreigabe ist für Ende 2025 avisiert, das Bauende 2026 geplant. Die valorisierten Projektkosten belaufen sich auf rund 460 Millionen Euro. Bei der Stadtstraße handelt es sich um eine Verbindungsstraße. Die 3,2 Kilometer lange Strecke soll die Südosttangente (A23, Anschlussstelle Hirschstetten) mit der S1-Spange Seestadt Aspern bei der Anschlussstelle Seestadt West verbinden. Sie gilt als ebenso umstritten wie der geplante Lobau-Tunnel.

"Betonpartei" SPÖ

Die SPÖ sehen die jungen Aktivistinnen und Aktivisten als "Betonpartei", wie etwa Mirjam Hohl von Fridays for Future sagt. Auch Schilling meint: "Die Betonpartei hält noch immer an dem Bau der Stadtstraße fest und unterstützt damit eines der teuersten und klimaschädlichsten Straßenbauprojekte in der jüngeren Geschichte. Die Bauarbeiten für die Stadtstraße müssen sofort gestoppt werden, denn die Klimakrise lässt uns keine Verhandlungsbasis."

Wirtschaftsstadtrat Hanke: Ohne neue Straßen "ersticken" Bezirke im Verkehr

Am Montag sagte Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke (SPÖ) im "Kurier" er habe kein Verständnis für den Klimacheck für Straßenbauprojekte, den Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) derzeit durchsetzt. "Ich glaube eher daran, dass ohne den Bau bestimmter Straßen Bezirke im Verkehr ersticken. Das führt zu Folgekosten in Millionenhöhe. Die wollen wir nicht. Die Stadt der Zukunft hat ein vernünftiges Straßennetz. Es geht nicht darum, Straßenkilometer zu zählen, sondern darum, wie der Verkehr abgewickelt wird. Hier haben wir die E-Mobilität in den Fokus zu stellen", sagt Hanke. Die SPÖ nehme den Klimawandel ernst. "An erster Stelle steht Arbeit, an zweiter Klimaneutralität." Und: "Ganz ohne Verzicht" werde es nicht gehen, so der Stadtrat. (Lara Hagen, 30.8.2021)