Eine Eigenschaft, die sie gerne an sich ändern würde: ihre Direktheit, ließ Pamela Rendi-Wagner wissen.

Foto: Hans Punz

Schon die Ankündigung musste Pamela Rendi-Wagner erschaudern lassen: Lou Lorenz-Dittlbacher wollte mit der SPÖ-Chefin im ORF-"Sommergespräch" am Montag über parteiinternen Zwist und inhaltliche Differenzen sprechen.

ORF

Zuerst wurde aber die "Persönlichkeit ausgeleuchtet", und Rendi-Wagner durfte sagen, wie sie gerne anders wäre: Ein bisschen höflichere Worte würde sie gerne finden und nicht so direkt sein, antwortete darauf ausgerechnet jene Parteichefin, die am zurückhaltendsten und vornehmsten im Kreise all ihrer Konkurrenten ist. Ihre Herkunft habe sie nie vergessen, bekräftigt Rendi-Wagner, als sie auf ihre Kindheit in einem Wiener Gemeindebau angesprochen wird. Und die könne auch Dialekt sprechen, versichert sie, wenn sie etwa lustig mit Freunden zusammensitze.

Rendi-Wagner sucht Einigkeit

Dass sie die erste Frau an der Spitze der SPÖ ist, empfinde sie als besondere Verantwortung. Dass ihr das in ihrer eigenen Partei nicht immer gedankt wird, schiebt sie beiseite, sie sei zwar kein Roboter und nicht eiskalt, aber es gebe im Leben härtere Prüfungen als ein schlechtes Ergebnis bei einem Parteitag. Jene 25 Prozent, die ihr die Gefolgschaft versagt haben, nimmt sie mit einem Schulterzucken hin, ja, da fehle die Geschlossenheit, jetzt wolle sie aber in den politischen Herbst blicken und dort die Einigkeit suchen.

ORF

Den (parteiintern erhobenen) Vorwurf, Politik vorbei an den Menschen zu machen, weist Rendi-Wagner zurück, sie verweist auf ihre Vorschläge zur Bekämpfung der Corona-Pandemie, zur Behebung des Pflegenotstands und zur Beseitigung der Langzeitarbeitslosigkeit. Mit Umschulungsprogrammen ließen sich zwei Mängel mit einem Schlag beheben, nämlich der Pflegenotstand und die Arbeitslosigkeit. Der Staat habe eine Verantwortung für das Schicksal der Menschen, deshalb sei die Position der Sozialdemokratie gerade richtig, die SPÖ stehe für die Chancengerechtigkeit. Ihre Partei sei eine Volkspartei, stehe nicht nur für die Arbeiter, sondern wirke zunehmend auch in den Mittelstand hinein.

Statt Druck auf Arbeitslose auszuüben, empfiehlt die SPÖ-Chefin jenen Branchen, die unter Arbeitskräftemängel leiden, die Bedingungen zu verbessern und die Löhne zu erhöhen.

Österreich müsse Beitrag leisten

2015 dürfe sich nicht wiederhohlen, bekräftigt auch Rendi-Wagner in Bezug auf die Flüchtlingsbewegungen, ganz so wie das auch Bundeskanzler Sebastian Kurz oder FPÖ-Chef Herbert Kickl sagen. Europa hätte längst dazulernen müssen, es brauche ein funktionierendes europäisches Asylsystem mit Aufnahmezentren an den Außengrenzen der EU. Da habe auch Kurz nichts dazu beigetragen. Europa könne nicht wegschauen, sagt die SPÖ-Chefin mit Blick auf Afghanistan. Hier müsse auch Österreich einen Beitrag leisten, vordringlichste Aufgabe sei es, Staatsbürger zu evakuieren und Ortskräfte aus Afghanistan herauszuholen und besonders bedrohte Personen wie Journalistinnen, Richterinnen und Frauenrechtlerinnen aufzunehmen. Es müsse eine internationale Hilfsaktion geben, Österreich müsse sich hier beteiligen – und "einige Hundert" aufnehmen.

ORF

Auf Corona angesprochen hielt Rendi-Wagner fest, dass man gegen die vierte Welle "ganz krass" gegensteuern müsse, mit Tests bei allen Reiseheimkehrern und PCR-Tests in allen Schulen. Die Impfrate müsse höher werden, die SPÖ-Chefin wies auch auf die Bedeutung des dritten Stichs hin. Einen Lockdown könne man verhindern, das sei mit dem Schutzschirm des Impfens möglich. Von Kanzler Kurz forderte sie Respekt vor dem Rechtsstaat und den demokratischen Institutionen ein. Der Frage, mit wem sie regieren wollen würde, wich sie aus, das System Kurz schließe sie aus, es sei aber die Frage, wohin sich die ÖVP entwickle. (Michael Völker, 30.8.2021)