Am Freitag sind im Thermalbad Bad Vöslau in einem abgesperrten Bereich Frauen – und alle, die als Frau leben – unter sich. Die Aktion startete Madeleine Alizadeh, weil Freibäder für viele weibliche Personen nicht sicher seien.

Foto: Niederösterreich Werbung

Es solle ein Nachmittag im Freibad sein ohne Schönheitsideale, ohne den "male gaze" – das Von-Männern-angeglotzt-Werden –, denn Frauen würden sich oft genug unwohl fühlen beim Besuch eines Bades oder sich erst gar nicht dorthin trauen. Die Unternehmerin und Influencerin Madeleine Alizadeh wollte das mit ihrer Aktion – ein abgesperrter Bereich in einem niederösterreichischen Bad für Frauen und alle, die als Frau leben – ändern.

Bad findet Aktion nach wie vor gut

Einige bedankten sich bei Alizadeh und erzählten von eigenen schlechten Erfahrungen. Andere äußerten ihr Unverständnis – das sich in Schimpftiraden bis hin zu Beleidigungen und Drohungen gegen Alizadeh äußerte, wie sie am Mittwoch auf Instagram beschrieb. Aber: "Die Reaktion auf diese Aktion zeigt, wie notwendig dieser Diskurs ist und wie wichtig dieses Thema ist. Je heftiger die Reaktionen, desto mehr Wahrheit steckt dahinter."

Nicht nur Alizadeh, die 300.000 Follower auf Instagram hat, bekam zahlreiche Hassnachrichten – auch beim Thermalbad Bad Vöslau meldeten sich Gegnerinnen und Gegner der Aktion. Eine "überschaubare Anzahl an Mails" sei gekommen. Teilweise wurde die Aktion auch missinterpretiert, manche hätten geglaubt, es gebe einen Badetag nur für Musliminnen, andere, dass Männer an dem Tag das Bad überhaupt nicht betreten dürfen, sagt die Sprecherin des Thermalbades. Man unterstütze die Idee nach wie vor "mit Begeisterung". Es gehe um einen kleinen abgesperrten Bereich im Bad für eine Veranstaltung, das passiere jeden Sommer zig Mal.

SPÖ-Frauensprecherin für separate Badebereiche

Auch auf der politischen Ebene findet Alizadehs Vorstoß Gehör – zumindest teilweise. "Ja, es braucht eigene Freiräume für Frauen, wo sie sich ungestört entfalten können. In Freibädern sind Frauen oft gaffenden Blicken oder blöden Anmachsprüchen ausgesetzt. Das sollte nicht so sein – eigene, ausgewiesene Frauenbereiche wären eine mögliche Alternative zu expliziten Frauenbädern", sagt Eva-Maria Holzleitner, die Frauensprecherin der SPÖ. Sie finde es gut, dass Influencerinnen Übergriffe, die auch auf offener Straße passieren, öffentlich thematisieren und ansprechen. "Es ist nicht in Ordnung und nicht zu akzeptieren, dass Frauen laufend mit Nachpfeifen, blöden Sprüchen oder gar körperlichen Übergriffen konfrontiert sind. Sommer- oder Badekleidung ist keine automatische Einladung zu etwas, das müssen alle Männer verstehen", sagt Holzleitner.

Henrike Brandstötter, die bei den Neos für Frauenagenden zuständig ist, sieht die Frage differenzierter: Es sei jedem Betreiber freigestellt, solche Aktionstage abzuhalten. "Wenn es also einen Tag nur für Frauen oder Männer oder Kinder gibt, mit dem sich alle wohlfühlen, dann ist das in Ordnung. Der Kampf gegen Sexismus, Bodyshaming et cetera ist jedoch eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, bei der wir alle gefragt sind", sagt die pinke Abgeordnete. Das Ziel müsse sein, "dass jeder Mensch sein Leben selbstbestimmt und frei von Vorurteilen, Hass und Sexismus leben kann."

FPÖ-Frauensprecherin will keine "Geschlechter-Apartheid"

Und in der FPÖ sieht man das Thema naturgemäß noch einmal anders: "Es ist erschütternd, wenn sich Frauen nicht mehr in Bäder trauen, da sexuelle Belästigungen und Übergriffe bereits an der Tagesordnung sind. Das alles verdanken wir einer ungezügelten Zuwanderung von kulturfremden Menschen, welche ein Frauenbild mitgebracht haben, das mit Sicherheit nicht unserer modernen Weltanschauung entspricht", sagt FPÖ-Frauensprecherin Rosa Ecker. Sie halte eine "Geschlechter-Apartheid" aber für einen "Rückschritt im Fortschritt der Gleichberechtigung von Mann und Frau. Das würde ja auch nicht das Übel an der Wurzel packen, sondern nur die Symptome lindern." Ihrer Auffassung nach hätten die Bäderbetreiber, also meist die Gemeinden, für Sicherheit zu sorgen "und auffällige Badegäste sind zur Anzeige zu bringen", sagt Ecker.

Alizadeh zufolge habe sie zunächst in Wien versucht, einen Frauenbadetag zu organisieren, allerdings eine Absage erhalten. Martin Kotinsky, Pressesprecher der MA 44, die für die Wiener Bäder zuständig ist, glaubt nicht, dass eine solche Anfrage bei ihnen gelandet sei. "Aber wenn es eine gegeben hätte, dann hätten wir sie abgelehnt." Der Grund sei simpel: Man könne nicht 50 Prozent oder mehr vom Baden ausschließen, "denn was mit Kindern ist, weiß ich ja auch nicht". Auch wenn es nur eine einmalige Aktion sei. "Wir betreiben öffentliche Bäder, die mit dem Steuergeld von allen, nicht nur von 50 Prozent, finanziert wurden."

Belästigung in Bädern

Den Wunsch an sich kann Kotinsky allerdings durchaus nachvollziehen. Belästigung im Schwimmbad könne man nicht ausschließen – "irgendwo zwischen fünf und zehn Vorfälle gibt es in einem normalen Jahr mit zwei bis zweieinhalb Millionen Badegästen". Zumindest würden sie von so vielen wissen, denn wahrscheinlich würde auch nicht alles gemeldet werden, meint Kotinsky. "Schauen, pfeifen, blöd anreden – das kann man schwer verhindern und oft auch nur schwer einschreiten, wenn die Typen nicht mehr auffindbar sind." Grundsätzlich sei das Personal in den Wiener Bädern aber "rigoros, was das Thema sexuelle Belästigung betrifft. Das hat bei uns keinen Platz." Das Personal habe dazu auch spezielle Schulungen besucht, man kontrolliere, habe Büsche entfernt, wo sich Spanner vielleicht verstecken könnten, nennt Kotinsky Beispiele. "Also wenn es einen Vorfall gibt, dann immer gleich an unser Personal melden. Die rufen bei Bedarf dann auch die Polizei."

Eine Aktion, an der sich auch das Personal der Wiener Bäder – aber auch von einigen Wiener Clubs, den Wiener Linien und vom Donauinselfest – beteiligte, war "Ich bin dein Rettungsanker", wo speziell vom Frauenservice Wien geschult wird. "Der 'Rettungsanker' setzt ein sichtbares Zeichen. Da geht es um konkrete Hilfe und um ein respektvolles Miteinander", so Vizebürgermeisterin und Frauenstadträtin Kathrin Gaál, die außerdem betont, dass sexuelle Belästigung in der Stadt keinen Platz haben dürfe. (Lara Hagen, 1.9.2021)