"Kronen Zeitung" gegen "Österreich" – ein Match wie Simmering gegen Kapfenberg: brutal.

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Zwei Tage, drei Verhandlungen und – vorerst – zwei Urteile: Das ist selbst für klagserprobte Medienmanager eine hohe Schlagzahl. Am Mittwoch ging der Rechtsstreit zwischen "Krone"-Herausgeber Christoph Dichand und Wolfgang Fellners Mediengruppe Österreich am Landesgericht Wien in die nächste Runde. Dichand zog wegen einer Artikelserie in "Österreich" und oe24.at über eine Äthiopien-Reise vor Gericht. In den Fellner-Medien wurde suggeriert, Dichand habe sich den "Äthiopien-Luxusurlaub" im Frühjahr 2019 vom Finanzministerium buchen "und zumindest im Voraus" bezahlen lassen. Dichand klagte gegen drei Artikel, zu zweien gab es am Mittwoch nicht rechtskräftige Urteile.

Privates Konto

In beiden Fällen verurteilte das Gericht "Österreich" zu Gegendarstellungen zu im Juni erschienenen Artikeln in der Tageszeitung "Österreich", wonach Dichands Reise über das Finanzministerium gebucht worden sei. Lediglich eine Mitarbeiterin des Finanzministeriums habe "die Organisation des Fluges und dessen Vorauszahlung über ihr privates Konto erledigt", muss "Österreich" abdrucken. Zwei nach dem ersten Verfahren gestrichene Sätze ließ das Gericht im weiteren Verfahren zu. Diese Sätze lauteten: "Geklärt werden muss, ob Dichand den Betrag rückerstattet hat und wie die Reise genau verbucht wurde" und "Dr. Christoph Dichand hat diese Zahlung dann ersetzt, seine Flugkosten also selbst getragen."

Grund für den Schwenk war die Anwesenheit von Thomas Schmids enger Vertrauter Melanie L., die als Zeugin vor Gericht bestätigte, was in der Gegendarstellung steht: Sie habe das Geld von ihrem privaten Konto überwiesen und das Geld unverzüglich von Dichand zurückgezahlt bekommen.

Hintergrund der Klagen sind gegen "Österreich"-Herausgeber Wolfgang Fellner gerichtete Vorwürfe der sexuellen Belästigung, erhoben von zwei krone.tv-Moderatorinnen und ehemaligen Mitarbeiterinnen der Fellner-Mediengruppe, Katia Wagner und Raphaela Scharf. Fellner weist die Vorwürfe gegen ihn zurück. Er sieht sie als Kampagne gegen sich.

Bekräftigt sieht sich Fellner durch ein Gutachten, das den Medienmacher wie berichtet von den Vorwürfen der sexuellen Belästigung entlastet. Die von der Mediengruppe Österreich in Auftrag gegebene Compliance-Analyse der Wirtschaftsprüfungskanzlei BDO Austria hat laut Mediengruppe kein Fehlverhalten Fellners festgestellt. Die Kanzlei kam zum Ergebnis, dass in den letzten fünf Jahren keine Beschwerde über sexuelle Belästigung mit Ausnahme jener von Scharf eingebracht wurde. Aktuell beschäftigte Mitarbeitende meldeten keine Wahrnehmungen in Bezug auf unangebrachte körperliche Berührungen oder Forderungen nach sexuellen Gefälligkeiten als Gegenleistung für berufliche Vorteile.

Genau beobachtet wird auch dieses Verfahren von der Funke-Gruppe. Die deutsche Funke-Gruppe, seit Ende 2018 mit Immobilienmilliardär René Benko an Bord, fragte nach Bekanntwerden der Chats bei der "Krone"-Geschäftsführung nach den Umständen der Äthiopien-Reise und ob Dichand Urlaub angemeldet habe.

Spannend war die Ladungsliste: Geladen waren Dichand und der ehemalige Öbag-Chef Thomas Schmid, ebenso dessen Sekretärin und enge Vertraute Melanie L. und der FPÖ-Abgeordnete Christian Hafenecker.

Die Buchung durch das Finanzministerium kommt in Chatprotokollen des späteren Öbag-Chefs Schmid vor, der zum Zeitpunkt des SMS-Verkehrs dort Generalsekretär war. Hafenecker richtete die parlamentarische Anfrage an Bundeskanzler Sebastian Kurz und an das Finanzministerium.

Reise nach Rom

Bis auf L. erschien keiner der Geladenen vor Gericht. Dichands Abwesenheit begründete Anwalt Michael Rami mit einer Reise nach Rom. Hafenecker ließ sich wegen eines Auslandsaufenthalts entschuldigen. Schmids Privatadresse konnte nach dessen Abschied bei der Öbag für das Gericht nicht geklärt werden. Fellner-Anwalt Peter Zöchbauer meldete Berufung gegen beide Urteile an. Morgen, Donnerstag, folgt die nächste Verhandlung. (Doris Priesching, 1.9.2021)

Update 2.9.2021, 16:00: Auch im dritten Verfahren setzte sich "Krone"-Herausgeber Dichand durch. "Österreich" muss eine weitere Gegendarstellung abdrucken.