Das in Boston ansässige Start-up Regent will den Fährverkehr revolutionieren. Seinen Gründern schwebt vor, sogenannte Wing-in-Ground-Effekt-Fahrzeuge, quasi ein Hybrid aus Flugzeug und Boot – ein in Bodennähe fliegendes Tragflächenboot –, als emissionsfreie Verkehrsmittel zu nutzen. Eine Fahrt von San Diego nach Los Angeles soll mit dem 290 km/h schnellen Vehikel nur noch 50 Minuten dauern, die Reisezeit über den Ärmelkanal zwischen dem englischen Portsmouth und dem französischen Cherbourg würde nur noch 40 Minuten betragen. Damit wäre die Überfahrt mit dem Seaglider getauften Vehikel sechsmal schneller als mit bisherigen Verbindungen.

290 Kilometer pro Stunde soll der Seaglider schaffen.
Foto: Regent

Was steckt dahinter? Die Fahrzeuge nutzen ein aerodynamisches Prinzip, das als "Bodeneffekt" bekannt ist, um mit sehr hoher Geschwindigkeit über die Meeresoberfläche zu gleiten, wobei sie nur wenige Meter über dem Wasser schweben. Im Hafen lassen sie ihre Rümpfe einfach auf dem Wasser ruhen wie jedes andere Boot auch.

Altes Konzept, neu gedacht

Das Konzept solcher Bodeneffektfahrzeuge ist nicht neu. Die Sowjetunion hat einige riesige Exemplare für militärische Zwecke gebaut, die als "Ekranoplans" bezeichnet wurden. In jüngerer Zeit haben einige Start-ups wie Wigetworks in Singapur, das Unternehmen Flying Ship in den USA und RDC Aqualines in Russland an einer neuen Generation von Bodeneffektfahrzeugen für die kommerzielle Nutzung gearbeitet, sowohl bemannt als auch unbemannt.

Erste kommerzielle Flüge soll es schon ab 2025 geben.
Foto: Regent

Die Idee hört sich einfach an, aber Bodeneffektfahrzeuge haben mit einer Reihe von Problemen zu kämpfen, die bisher eine breitere Anwendung verhindert haben. Eines davon ist, dass Bodeneffektfahrzeuge, genau wie Wasserflugzeuge, sehr "wellenempfindlich" sind: Mit unruhiger See kommen sie nicht gut zurecht, was einen regelmäßigen und zuverlässigen kommerziellen Einsatz schwierig macht. Hinzu kommt, dass sie zum Starten eine lange Strecke auf ruhigem Wasser benötigen. Wenn man dann noch ihre schlechte Drehfähigkeit auf dem Wasser dazurechnet, hat man ein Fahrzeug, das in stark frequentierten Häfen nur schwer zu betreiben ist, wie es bei CNN heißt.

Luftwiderstand minimieren

Regent, das von einigen Größen aus dem Silicon Valley finanziell unterstützt wird, behauptet jedoch, dieses Dilemma durch die Einführung einiger neuartiger Elemente gelöst zu haben. Der Seaglider kombiniert die Technologien des Wing-in-Ground-Effekts mit Tragflügeln. So sollen die Vorteile von Bodeneffektfahrzeugen bewahrt und gleichzeitig einige ihrer Nachteile beseitigt werden. Tragflächenboote sind schnelle Boote, bei denen sich der Rumpf über der Wasseroberfläche befindet und durch Streben mit der (oder den) Tragfläche(n) verbunden ist – einer horizontalen, flügelähnlichen Oberfläche, die mit dem Wasser in Kontakt steht und für Auftrieb und Stabilität sorgt, während der Luftwiderstand minimiert wird.

Bis zu 150 Passagiere soll die übernächste Generation transportieren können.
Foto: Regent

Der Seaglider verfügt über einziehbare Foils, wie man sie von Highspeed-Seglern kennt, mit der er je nach Reisephase zwischen verschiedenen Konfigurationen wechseln kann. In geschlossenen Gewässern, etwa in Häfen, arbeitet er als Tragflügelboot, um besser manövrieren zu können. Sobald er jedoch das offene Meer erreicht, zieht er die Foils ein und geht als reines Bodeneffektfahrzeug in den Wellengleitmodus über.

Einsatz ab 2025

Angetrieben werden soll der Seaglider übrigens rein elektrisch. Nur bis dato gibt es keine entsprechend leistungsfähigen Batterien, zumindest für längere Strecken. Deshalb will man sich zunächst der Kurzstrecke bis zu 290 Kilometer, etwa dem Pendelverkehr zwischen Küstenstädten, widmen. Die nächste Generation soll dann eine Reichweite bis zu 800 Kilometern haben. Bis 2025 soll laut Regent eine kleinere Version an den Start gehen, die zwölf Personen transportieren kann, 2028 dann solche, die 50 bis 150 Passagieren Platz bieten. (red, 2.9.2021)

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