Erika E. (Name der Redaktion bekannt) hat alles versucht, gar bis zum Obersten Gerichtshof prozessiert. Eine Klimaanlage darf sie in ihrer Mietwohnung der Sozialbau AG trotzdem nicht installieren. Dass ihr die Hitze in ihrer Dreizimmerwohnung in Wien-Donaustadt zunehmend auch gesundheitlich zu schaffen macht, ändert daran nichts. Bis zu 33 Grad misst das Thermometer in den heißesten Nächten. An Schlaf ist da für sie und ihr Kind oft nicht zu denken.
Wollen Mieter erhebliche Änderungen an ihrer Wohnung vornehmen, müssen sie die Zustimmung der Vermieter einholen – so auch beim Einbau einer Klimaanlage mit Außengerät. Lehnen Vermieter ab, steht Mietern der Rechtsweg offen. Das versuchte auch Erika E., nachdem die Sozialbau den Einbau des Geräts untersagt hatte. Vor Gericht blieb sie allerdings erfolglos – eine Entscheidung, die in letzter Instanz vom Obersten Gerichtshof bestätigt wurde (OGH 4. 2. 2021, 5 Ob 10/21p).
Nicht verkehrsüblich
Die Voraussetzungen für die gerichtliche Zustimmung sind streng. Die vom Mieter geplante Änderung muss nicht nur einem "wichtigen Interesse" dienen, sondern auch "verkehrsüblich" sein. Ein "wichtiges Interesse" konnte Frau E. aufgrund ihrer gesundheitlichen Probleme geltend machen. Letztlich scheiterte die Klage allerdings an der "Verkehrsüblichkeit", die im Grätzel laut OGH nicht vorlag.
Laut aktueller gesetzlicher Lage und Spruchpraxis des Obersten Gerichtshofs besteht selbst bei gesundheitlichen Problemen – wie etwa Schlafstörungen infolge zu hoher nächtlicher Temperaturen – kein Recht auf eine Klimaanlage. Betroffenen bleibt somit nichts anderes übrig, als nach Alternativen zu suchen oder die Wohnung zu wechseln. Für Erika E. beides keine Option: Jalousien hat sie bereits, mobile Klimageräte innerhalb der Wohnung seien zu laut und ineffizient. Auch die Wohnung, in der sie seit 2004 lebt, zu verlassen, kommt für E. nicht infrage.
Wenige Ausnahmen
Die Sozialbau AG lehnt Ansuchen für Außenklimaanlagen generell ab. Die Geräte führen zu Lärmbelästigung und seien "Energieschleudern", sagt Pressesprecher Artur Streimelweger. Ähnlich geht auch Wiener Wohnen vor. Ausnahmen gibt es laut Sprecherin Andrea Janousek nur bei "schwerwiegenden medizinischen Gründen". Voraussetzung dafür ist mindestens Pflegestufe 6 mit einem ärztlichen Nachweis der Bettlägerigkeit.
Politischen Willen, die Rechtslage zu ändern, gibt es kaum. Der nachträgliche Einbau von Klimaanlagen sei derzeit "aus gutem Grund" beschränkt, meint Nationalratsabgeordnete Nina Tomaselli (Grüne). Auch die SPÖ fordert derzeit keine Erleichterungen im Mietrechtsgesetz, sagt deren Wohnbausprecherin Ruth Becher. Zur Bewältigung steigender Temperaturen forciere die SP andere Modelle wie die Einleitung von Fernkälte oder begrünte Fassaden.
Neues Urteil gegen Mieter
Menschen, die in Wohnungen leben, in denen das nicht möglich oder zu teuer ist, werden also auch künftig den Rechtsweg bestreiten müssen. Erst kürzlich hat der OGH wieder gegen eine Klage von Mietern entschieden: Die Mietervereinigung hatte den Fall einer Familie mit dem Wunsch nach einer Klimaanlage vor Gericht gebracht. Das Landesgericht Wien gab den Mietern zunächst recht. Trotz Sonnensegel auf dem Balkon, Außenjalousien und Querlüftens lasse sich eine sommerliche Überwärmung der Wohnung nicht mehr vermeiden, heißt es in der Entscheidung.
Dass Wohnungen, die ohne technische Ausstattung errichtet wurden, aufgrund der Klimaentwicklungen nachgerüstet werden müssen, ergebe sich mittlerweile "aus der allgemeinen Lebenserfahrung". Der Oberste Gerichtshof wollte sich dieser Auffassung allerdings nicht anschließen. (Jakob Pflügl, 4.9.2021)