Nach knapp einem Jahr im Amt ist für Yoshihide Suga Schluss.

Tokio – Japans Ministerpräsident Yoshihide Suga stellt nach monatelanger Kritik an seinem Umgang mit der Corona-Pandemie und nach nur einem Jahr sein Amt wieder zur Verfügung. Suga erklärte am Freitag überraschend, dass er bei der Ende des Monats geplanten Neuwahl des Parteivorsitzes seiner Liberaldemokratischen Partei (LDP) nicht kandidieren werde. Das dürfte zugleich auch das Ende seiner Amtszeit als Regierungschef bedeuten.

Wegen der Parlamentsmehrheit der LDP übernimmt der Parteivorsitzende nämlich gewöhnlich auch das Amt des Ministerpräsidenten. "Sich zur Wahl zu stellen und sich um die Corona-Pandemie zu kümmern erfordert ein hohes Maß an Anstrengung", sagte der 72-jährige Suga am Freitag. Seine Zustimmungswerte waren zuletzt auf unter 30 Prozent gesunken.

Kaum beliebte Alternativen

Ex-Außenminister Fumio Kishida (64) hat bereits angekündigt, für den Parteivorsitz – und damit de facto auch für die Nachfolge als Regierungschef – zu kandidieren. Er war bereits im vergangenen Jahr bei der Wahl zur Nachfolge des zurückgetretenen Partei- und Regierungschefs Shinzo Abe angetreten. Doch stattdessen hob die Partei Suga ins Amt. Der stets reserviert und ruhig auftretende Kishida hat zwar seine eigene innerparteiliche Machtgruppe und wird in der Partei gemocht, doch galt er trotz seiner Erfahrung als Top-Diplomat bisher nicht als starker Kandidat für die Parteispitze. Auch im Volk weckt er bisher keine große Begeisterung.

Neben ihm hat auch die stramm rechtskonservative Sanae Takaichi, die ebenfalls dem Kabinett von Abe angehörte, Interesse an einer Kandidatur fürs höchste Amt bekundet. Auch der Name des früheren Außenministers und derzeit für die Corona-Impfkampagne zuständigen Taro Kono kursiert. Politische Beobachter in Japan rechnen damit, dass die LDP bei der möglicherweise im Oktober bevorstehenden Wahl zum mächtigen Unterhaus des Parlaments zwar Sitze einbüßen wird. Doch halten es viele Beobachter angesichts der Zersplitterung des Oppositionslagers und der allgemeinen politischen Apathie bei den Wählern für unwahrscheinlich, dass sie die Mehrheit im Unterhaus zusammen mit ihrem kleineren Koalitionspartner Komeito einbüßen wird.

Sinkende Zustimmung

Der 72-Jährige Suga war erst vor einem Jahr als Nachfolger des plötzlich zurückgetretenen Abe ins Amt gekommen. Er hatte dem Rechtskonservativen jahrelang als rechte Hand in der Position des Regierungssprechers gedient. Als Japans ältester Premier seit rund 30 Jahren führt Suga offiziell Abes restliche Amtszeit als LDP-Vorsitzender – und damit als Regierungschef – zu Ende, die am 30. September endet. Zu Beginn hatte er noch hohe Zustimmungswerte um die 70 Prozent erzielt.

Doch Sugas Umgang mit der Pandemie und die erst spät in Schwung gekommene Impfkampagne ließen seine Popularität im Volk stark absinken. Die Neuinfektionen stiegen zuletzt auf immer neue Höchststände, obwohl Suga den Notstand immer wieder verlängerte und ausweitete. Experten forderten ihn immer wieder zu stärkeren Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie auf, doch bisher vergeblich. (APA, 3.9.021)