Regelmäßige Pausen machen, beim Fenster rauszuschauen, kurz innezuhalten sei wichtig, sagt Gesundheitsberater Andreas Koller.

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"Bei der Gesundheitsprophylaxe haben wir alle einen großen Gegner, und der heißt innerer Schweinehund", sagt Andreas Koller. Damit sei der tägliche Anstupser zum gesunden Verhalten gemeint. Er selbst kennt den inneren Schweinehund nur allzu gut. Sein Schweinehund war gut 20 Kilo schwer.

Nach seinem Lehrabschluss bei der Voestalpine Stahl war er dort anfangs in der Versuchsanstalt für Werkstoffprüfung tätig. Nach zwei Jahren wechselte Koller in die Betriebsmedizin der Voestalpine, wo er insgesamt 14 Jahre im Rettungsdienst eingesetzt war.

Im Zuge eines Sparprogramms habe er über die Stahlstiftung die Chance bekommen, die Ausbildung zum diplomierten Gesundheits- und Krankenpfleger zu machen. Nach der dreijährigen Ausbildung und mit etliche Kilos mehr auf der Waage dockte er als Pflegefachkraft wieder in der Betriebsmedizin der Voestalpine an.

Radikale Veränderung

Den Lebensstil zu ändern brauche Disziplin, sagt Gesundheitsberater Andreas Koller. Positive Anreize helfen dabei.
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Eine seiner ersten Aufgaben war es, bei den Vorträgen von Fitnessguru Ulrich Strunz im Rahmen des Gesundheitsförderprogramm der Voestalpine die Fettwaage, die den Body-Mass-Index (BMI) misst, zu bedienen. Nach dem alle Teilnehmer schon draußen waren, stellte auch er sich das erste Mal auf diese Fettwaage. Und sie zeigte den Wert 35, was übersetzt Adipositas-Typ I bedeutet. "Klar kam ich schnell ins Schwitzen, vieles strengte mich an, aber als übergewichtig habe ich mich damals nicht wahrgenommen", sagt Koller heute. Die Fettwaage habe ihm damals einen Spiegel vorgehalten.

Das war die Initialzündung, seine Gewohnheiten radikal zu ändern. Neben der Umstellung der Ernährung begann er auch mit regelmäßigen Bewegungseinheiten – zuerst mit Gehen, weil Laufen für ihn damals nicht möglich war. Mittlerweile ist er schon zehnmal den Welschmarathon in der Südsteiermark gelaufen. Unter dem Firmennamen Gesundheitskoller ist er seit 2013 als Gesundheitsberater selbstständig.

Komplette Umstellung

"Als Pflegefachkraft war ich auch dazu berufen, Gesundheitsgespräche zu führen – aber wie glaubwürdig ist eine blade Pflegefachkraft? Ich wusste, wo es den besten Leberkäse gibt, diese Quellen hatte ich." Das Leben komplett umzustellen sei kein leichter Schritt gewesen. Es brauche schon Disziplin und positive Erfahrungen, die damit verbunden werden. Denn nur mit Verzicht werde das Belohnungssystem im Gehirn nicht erreicht, dafür brauche es andere Faktoren. Für ihn ist es die regelmäßige Bewegung, "die Spaß macht und die in den Alltag gut integriert wird".

Doch gerade die Regelmäßigkeit stellt Menschen, die oft Nachtdienste haben, vor Herausforderungen. "Menschen in Schichtarbeit müssen noch genauer auf ihr Gesundheitsverhalten achten, sie können sich noch weniger Fehler erlauben", ergänzt Koller. Einer der großen Vorteile der Schichtarbeit sei aber, dass man die Möglichkeit habe, bei Tageslicht Bewegung im Freien zu machen. Das sei die beste Vorbereitung für den Schlaf. Denn schon in der ersten Nacht nach einem Nachtdienst sollte man versuchen, wieder einen guten Tag-Nacht-Rhythmus zu bekommen.

Gesunder Schlaf

Schlaf sei ein wichtiger Hebel, um gesund zu bleiben, im Arbeitsalltag regelmäßig Pausen zu machen ein weiterer. "Pausen sind mein Lebenselixier." Alle 90 Minuten eine Pause zu machen, beim Fenster rauszuschauen, kurz innezuhalten sei wichtig. "Diese Pausen sind Grundvoraussetzung, dass der Schlaf in der Nacht – der ja die größte Pause darstellt – erfolgreich wird."

Der Schlaf sei der sensibelste Gesundheitsindikator. Er funktioniere nicht bei Schmerzen, bei psychischen Problemen oder bei sozialer Disharmonie. Ganz wesentlich für das Wohlbefinden sei aber auch das soziale Miteinander. "Wir können noch so gesund leben: Wenn wir kein soziales Umfeld haben, ist das alles zum Vergessen." Zum sozialen Umfeld gehöre auch der berufliche Alltag. Wer permanent Probleme mit seiner Führungskraft, mit den Kollegen habe, bei dem passe das soziale Umfeld nicht, und das hinterlasse auch Spuren beim persönlichen Gesundheitsbemühen. (Gudrun Ostermann, 4.9.2021)