Könnte sein, dass sich Bürgermeister Siegfried Nagl bei den kommenden Gemeinderatswahlen wärmer anziehen muss.

Foto: APA/ Erwin ScheriauIN SCHERIAU

Im Büro des Grazer Bürgermeisters Siegfried Nagl ist – glaubt man dem Raunen in den Gängen des Rathauses – Nervosität ausgebrochen. Frische, parteiinterne Umfragen zur Gemeinderatswahl am 26. September verheißen demnach nichts Gutes für Nagl. Seine ÖVP soll das Wahlergebnis von 2017 (38 Prozent) nicht mehr halten können. Ein kleiner Verlust für den Langzeitbürgermeister war zwar einkalkuliert, jetzt aber deuten die Zahlen in Richtung 30 bis 32 Prozent.

Was der Volkspartei zusätzlich Kopfschmerzen bereitet: Die Grazer KPÖ, ein österreichweites politisches Unikum, soll ihr Wahlergebnis von 20,3 Prozent, das ihr den zweiten Platz hinter Nagl bescherte, nicht nur halten, sondern weiter ausbauen. "Das Absurde ist ja, dass die Prozente, die wir verlieren, zur KPÖ wandern", sagt ein ÖVP-Insider. Die Kommunisten sollen jedenfalls, so wird in der Volkspartei kolportiert, die 25 Prozent ansteuern.

Auch die "Kleine Zeitung" wird dieser Tage eine Umfrage veröffentlichen. Dem Vernehmen nach soll auch diese Erhebung die Tendenz der ÖVP-internen Datenlage im Prinzip widerspiegeln – wenn auch nicht in dieser Deutlichkeit.

Aus dem Büro des Bürgermeisters wird zu den kolportierten Umfragen angemerkt: "Die letzten Nationalrats- und auch Bundespräsidentenwahlen haben gezeigt, wie falsch manche Umfrage-Institute liegen. Deshalb kommentieren wir keine Umfrage-Tendenzen vor der Wahl." Es werde aber bestätigt, dass die ÖVP regelmäßig Umfragen, auch zur Sonntagsfrage, durchführe.

Ein Warnschuss?

In Politkreisen werden die kursierenden Umfragedaten zwiespältig kommentiert. Zum einen wäre dies tatsächlich ein harter Dämpfer für Nagl, der bereits seit 2003 als Bürgermeister der Stadt fungiert. Das Lancieren der Umfrage könnte aber auch als Warnschuss an die eigenen Reihen gewertet werden. "Die ÖVP wird das Problem haben, ihre Leute für die Wahl zu mobilisieren. Denn in der Partei herrscht sicher die Meinung, der Siegfried Nagl wird’s schon richten, wir gewinnen ohnehin. Da kann es schon passieren, dass da in Graz etwas ins Rutschen kommt", sagt der Politikforscher von der FH Joanneum, Heinz Wassermann, zum STANDARD. (Walter Müller, 4.9.2021)