Nava Ebrahimi auf der Burgtheater-Bühne

Foto: APA/Herbert Neubauer

307 Schließtage, das klingt nach einer ganzen Menge. Sind es auch, schließlich war das Burgtheater noch nie in seiner Geschichte so lange zu. Einerseits. Andererseits begab es sich, dass man justament, als man nach der Pandemie wieder öffnen hätte können, die Bestuhlung austauschte (sehr bequem die neuen Sessel) und eine neue Klimaanlage (angenehme Frischluftzufuhr) einbaute.

Jetzt, nach einer zusätzlichen, sicherlich wohlverdienten zweimonatigen Sommerpause ließ es sich Burgtheaterchef Martin Kušej jedenfalls nicht nehmen, das Haus am Ring mit einem Festakt in Anwesenheit des Bundespräsidenten und der Kulturstaatssekretärin zu eröffnen: Er selbst erinnerte Sonntag Mittag mit Lessing und angesichts der Lage in Afghanistan an unsere Fähigkeit zu Mitleid, bevor sich das Ensemble chorisch Rainald Goetz widmete.

Launige Rede

Im Zentrum des mittäglichen Stündchens stand aber die launige Festrede von Nava Ebrahimi, die in erster Linie von ihren Schwierigkeiten sprach, überhaupt eine Rede zu halten. Sie glaube zu wissen, sagte die im Iran geborene Bachmann-Preisträgerin, warum sie hier sei: "Ich bin als Migrantin eingeladen", und jetzt erwarte man sich, dass sie "der Dominanzgesellschaft den Spiegel vorhalte."

Das machte Ebrahimi nach einem Umweg in "die schöne Südsteiermark" und der Klage über die viel zu langen Schulferien dann auch und monierte "Schlagbäume und Nationalismen" und Nehammers und Kurz‘ fehlende Scham. Am Ende dann ein feuriger Appell: "Spätestens, allerspätestens mit dem, was wir in Moria, an allen EU-Außengrenzen, was wir in Afghanistan zulassen, haben wir jeglichen Anspruch auf moralische oder gar zivilisatorische Überlegenheit verwirkt. Bitte schminken wir uns jede Form von Überheblichkeit ab."(Stephan Hilpold, 5.9.2021)