"Endlich ein Schulkind!", heißt es für die Jüngsten. Ihre Schulzeit beginnt mit dem, was nun schon vier Semester dominiert: der Pandemie.

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Sie sind diejenigen, bei denen sich Eltern melden, beschweren, beklagen oder auch empören, wenn sie mit der Schulpolitik, zumal in Corona-Zeiten, nicht zufrieden sind. Die macht und verantwortet hauptsächlich die Regierung. Was aber wäre den Bildungssprecherinnen und -sprechern der Parlamentsparteien für den jetzigen Schulstart im mittlerweile vierten Pandemiesemester besonders wichtig? Was würden sie tun? DER STANDARD hat nachgefragt:

  • Die garantiert offene Schule: Die Neos fordern von Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) und Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) eine Garantie für offene Schulen im Herbst. Und dann endlich "raus aus dem permanenten Corona-Krisenmanagement-Modus, der nur kurzfristige Symptombekämpfung betreibt. Wir müssen Größeres ändern", fordert Bildungssprecherin Martina Künsberg-Sarre: "Die Kinder und Jugendlichen haben jetzt eineinhalb Jahre auf vieles verzichtet zum Schutz der Älteren und Vulnerablen. Sie sollen endlich in Ruhe gelassen werden. Jetzt sind wir Erwachsenen dran." Heißt: "Jeder, der sich impfen lässt, trägt dazu bei, dass Schule und ein normaler Alltag mit Schulveranstaltungen und Ausflügen, ohne Masken, ohne Distanzunterricht etc. möglich ist." Künsberg-Sarre pocht etwa auf flächendeckende, niederschwellige Angebote zur psychischen Entlastung der Kinder nach den anstrengenden Distance-Learning-Zeiten.

  • Die aufholende Schule: "Um jeden Preis offene Schulen" sind auch für SPÖ-Bildungssprecherin Petra Vorderwinkler prioritär. Absichern würde sie den "Normalbetrieb" mit einem deutlich strengeren Testkonzept als von der Regierung geplant, nämlich mit wöchentlich drei PCR-Tests, wenn nötig über das ganze Schuljahr. Die pandemiebedingte "Bildungskrise" erfordere ein "Aufholkonzept". Dazu solle der Lehrplan für ein Semester ausgesetzt und flächendeckend mehr Förderunterricht angeboten werden. Um Schulanfängerinnen und Schulanfänger bestmöglich aufzufangen, sollten in den ersten beiden Volksschulklassen zwei Lehrkräfte unterrichten, schlägt Vorderwinkler vor. Laptops sollten so wie die Schulbücher auch gratis sein, ebenso Nachhilfe. Dazu käme dann noch der Ausbau der Schulsozialarbeit und Schulpsychologie.

  • Die intensivierte Schule: "Schulschließungen gehen gar nicht", betont FPÖ-Bildungssprecher Hermann Brückl. Es brauche vielmehr Schadensbegrenzung für das, was die bisherigen Schulschließungen angerichtet hätten: "Wenn der Bildungsminister nicht systematisch und effektiv darauf reagiert, nimmt er institutionell in Kauf, dass Kinder zurückbleiben. Das kann’s nicht sein." Brückls Vorschlag: "Teilung der Klassen in den Kernfächern, je nach Schultyp, zwei Jahre lang, vielleicht reicht eines, um die Pandemiezeit zu kompensieren." Er greift damit eine Idee des Direktors des Instituts der deutschen Wirtschaft (DIW), Michael Hüther, auf, der so "eine andere Bildungsintensität erreichen" möchte. Das zusätzliche Lehrpersonal solle laut Brückl von privaten Bildungsinstitutionen rekrutiert werden und so wie für die Sommerschule aus höhersemestrigen Lehramtsstudierenden bestehen, die nicht nur ECTS-Punkte bekommen sollten, sondern auch bezahlt werden müssten. Ja, das kostet ein bissl was, aber es ist notwendig."

  • Die soziale Schule: Für Sibylle Hamann, Bildungssprecherin der Grünen, ist die Rückeroberung der Schule als sozialer Ort vorrangig: "Das Wichtigste ist jetzt, dass Schule wieder live und sozial zusammenfindet als Gruppe. Nach der langen Zeit der Vereinzelung müssen Beziehungen und gemeinsame Erfahrungen im Vordergrund stehen, also wieder Schulveranstaltungen, Bewegung oder Naturerlebnisse mit der Klasse." Es dürfe nicht nur um "Kompensieren und Aufholen" gehen: "Wir müssen mit den Kindern aufarbeiten, was da passiert ist in der Pandemie", verweist Hamann auf die von Türkis-Grün geplante Aufstockung des psychologischen und sozialarbeiterischen Supportpersonals: "Lernen braucht psychosoziale Einbettung." Neben einem Fokus auf Sprache, "die vergisst man am schnellsten bei reduziertem Kontakt mit anderen", müsse man auch "konsequentere Elternarbeit machen, um die pandemiebedingte Isolation der Familien aufzubrechen".

  • Die Schule mit Nebengeräusch: Auf einen möglichst normalen Schulbetrieb hofft ÖVP-Bildungssprecher Rudolf Taschner. Abgesichert durch das "vernünftige Sicherheitskonzept des Bildungsministers", abgefedert durch die Sommerschule, "die als Überbrückung sehr gut funktioniert hat". Er stellt sich einen Schulalltag vor, "in dem der Unterricht wieder der Hauptpunkt ist und die Corona-Tests wie ein Nebengeräusch mitlaufen: Unterricht, Testen, Unterricht, Testen ...". Verstärkte Aufmerksamkeit sei den Eltern zu widmen: "Man muss mit ihnen viel mehr in Kontakt treten." Etwa um in Migrantenmilieus die Wichtigkeit des Spracherwerbs zu vermitteln oder Schulabmeldern zu sagen: "Das Kind verliert etwas, wenn es keine schulischen Sozialkontakte mehr hat. Hausunterricht ist mit großen Nachteilen verbunden. Das hat vielleicht bei Mozart funktioniert ..." Etwas Schönes habe die Pandemie ja gelehrt, meint Taschner: "Die Schule wurde als wertvoll betrachtet, als Möglichkeit der Selbstverwirklichung. Plötzlich hat es geheißen: Da will ich hin." (Lisa Nimmervoll, 6.9.2021)