Til Schweiger.

Foto: Screenshot/Youtube/Eine-andere-Freiheit

Der deutsche Schauspieler und "Tatort"-Kommissar Til Schweiger tritt in einem Film gegen die Impfung von Kindern auf. "Für Kinder ist dieser Virus absolut harmlos, und die Gefahr von so einer Impfung, die man nicht erforscht hat, ist ungleich höher als der Virus selber, deswegen halte ich das persönlich für entsetzlich, entsetzlich finde ich das", sagt Schweiger in einem Trailer eines als Dokumentarfilm bezeichneten Filmes. Das andere Problem sei die Gesetzesänderung, die das Grundgesetz außer Kraft gesetzt habe. Die Ausschnitte sorgen in sozialen Medien für Aufregung. Den Filmemachern sowie den Protagonisten wird Corona-Verharmlosung vorgeworfen.

Der österreichische Physiker Florian Aigner schreibt auf Twitter, dass solche Filme "Menschenleben kosten". Wer mitmacht, mache sich schuldig.

Der 80-minütige Film "Eine andere Freiheit" werde demnächst erscheinen, heißt es auf der Website des Projekts. Wann genau und in welcher Form, konnte Produzentin Patricia Marchart auf STANDARD-Nachfrage noch nicht sagen. In zwei Tagen wisse sie mehr. Produziert wird "Eine andere Freiheit" von Patricia Marchart und Judith Raunig von der österreichischen Produktionsfirma Schutzfilm. Als Co-Produzentin fungiert die deutsch-österreichische Opernsängerin und Schauspielerin Nina Adlon. Marchart und Raunig haben bereits den Film "Lockdown Kinderrechte" produziert.

Vergleich mit einem Absturz

Die österreichisch-schweizerische* Schauspielerin Miriam Stein, die bis 2020 bei den steirischen ORF-Landkrimis mitspielte, stellt sich in "Eine andere Freiheit" etwa die Frage, wieso eine Impfung, die effektiv sei und "vor einer gefährlichen Krankheit schützt", so eine Werbekampagne brauche. "Wenn ich mich – als Gegenbeispiel – in einem abstürzenden Flugzeug befinde, dann brauche ich keinen, der da herumhüpft und sagt: Willst du einen Fallschirm, oder willst du keinen?"

schutzfilm

Zu Wort kommt auch die österreichische Schauspielerin Nina Proll, die sich bereits wiederholt als Corona-Maßnahmenkritikerin exponiert hat und ebenso wie Miriam Stein bereits in der umstrittenen #AllesDichtMachen-Kampagne zu sehen war. Proll sehe es als ihre Aufgabe, ihre Kinder vor dem "Aktionismus der Politik" zu schützen, die eine "Scheinsicherheit" suggeriere. "Ich bin nicht bereit, mein Kind für dieses Experiment zur Verfügung zu stellen", sagt Proll.

Die Impfung

In Österreich und Deutschland empfehlen die Impfkommissionen, dass auch die Zwölf- bis 17-Jährigen gegen Covid geimpft werden. Bei Jüngeren ist das noch nicht der Fall, weil dazu auch noch keine Studiendaten vorliegen. Die werden aber für die nächsten Wochen erwartet. Grundsätzlich besteht bei den Impfungen für Jugendliche ein geringes Risiko für Herzmuskelentzündungen, weshalb viele internationale Experten und Expertinnen bei eindeutigen Impfempfehlungen für Jugendliche – anders bei jenen für Erwachsene – zurückhaltend sind.

Ein kleiner Faktencheck

"Die Überlebensrate bei Covid-19 von Kindern unter 18 Jahren beträgt ohne medikamentöse Behandlung 99,998 Prozent. Quelle: Centers for Disease Control and Prevention (CDC)", heißt es am Beginn des Trailers. Diese Angabe ist etwas eigenartig, denn selbstverständlich werden zumindest in den USA, auf die sich die Angabe beziehen, alle Kinder behandelt, die unter schweren Covid-19-Verläufen leiden. In Ländern, wo dies nicht der Fall ist, ist das Risiko definitiv höher – etwa in Brasilien, wo bereits bis April 2021 rund 1.300 Babys an Covid-19 gestorben sind.

Grundsätzlich ist die Wahrscheinlichkeit für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren, an Covid-19 zu sterben, in westlichen Ländern aber tatsächlich sehr niedrig. Ein Risiko von 1:50.000 (was 99,998 Prozent Überlebensquote bedeutet) kommt in etwa hin, auch für Europa. Was diese Zahlen aber verschweigen: In den USA waren von den infizierten Kindern – auch wegen Übergewicht und andere Faktoren – fast ein Prozent in Spitalsbehandlung.

Vergessenes Long Covid

Und: Die Wahrscheinlichkeit, dass Kinder nach einer Infektion unter Long Covid leiden, ist vergleichsweise hoch. Hier allerdings ist noch relativ unsicher, wie groß das Risiko tatsächlich ist. Laut einer neuen britischen Studie, die noch nicht fertig fachbegutachtet ist und bisher nur als Preprint vorliegt, sind es mehr als 30 Prozent der infizierten Jugendlichen zwischen elf und 17 Jahren, die noch drei Monate an zumindest drei Symptomen leiden. Eine andere britische Studie kam hingegen etwa auf nur 1,8 Prozent Long Covid bei Jugendlichen nach drei Monaten, was einem Risiko von 1:55 entspricht. Der tatsächliche Wert wird irgendwo zwischen 1:3 und 1:55 liegen, wie britische Medizinerinnen und Mediziner in ihren Einschätzungen beider Studien vermuten.

Auf der Homepage des Films wird jedenfalls eine andere inhaltliche Richtung vorgegeben: "Der Beitrag der Impfungen von Kindern zur Herdenimmunität ist klein, und eine vollständige Herdenimmunität kann bei diesem Virus nie erreicht werden, weil Geimpfte das Virus im Rachen tragen können. Tiere können auch das Virus tragen. Sicher nicht alle Menschen werden sich impfen lassen", schreiben die Initiatoren. Das ist alles nicht ganz falsch; einen Beitrag zur letzten Behauptung wird auch der Film leisten.

Der wurde laut den Angaben der Initiatoren ausschließlich durch Spendengelder finanziert. Als weitere Mitwirkende werden etwa noch Martin Sprenger, Gesundheitswissenschafter an der Medizinischen Universität Graz, Dietrich Brüggemann, Initiator der umstrittenen #AllesDichtMachen-Kampagne, die Ärzte und Corona-Maßnahmenkritiker Christian Fiala und Andreas Sönnichsen und der Medienmanager und Ex-RTL-Boss Helmut Thoma genannt. (omark, tasch, 6.9.2021)