"Wiener Zeitung"-Chefredakteur Walter Hämmerle erhält heuer den Kurt-Vorhofer-Preis, nicht zuletzt aufgrund seines Kampfes für den Fortbestand des Mediums als gedruckte Tageszeitung.

Foto: APA / Herbert Neubauer

Wien – Walter Hämmerle, Chefredakteur der "Wiener Zeitung", erhält heuer den von "Kleiner Zeitung" und JournalistInnengewerkschaft gemeinsam vergebenen Kurt-Vorhofer-Preis. Hämmerle kämpft derzeit für den Fortbestand des Mediums als Tageszeitung.

"Die Jury hat ein hervorragendes Zeichen gesetzt", sagt Eike-Clemens Kullmann, Vorsitzender der JournalistInnengewerkschaft in der GPA, in einer Aussendung. Die Auszeichnung sei mehr als verdient: "Und es ist eine weitere Aufforderung an die Bundesregierung als Eigentümer-Vertreterin der Republik Österreich, endlich aktiv zu werden und die Zukunft der 'Wiener Zeitung' als gedruckte Tageszeitung sicherzustellen."

Österreich brauche "qualitativ hochwertigen Journalismus". "Und die 'Wiener Zeitung' unter Führung von Walter Hämmerle ist ein Garant dafür", so Kullmann.

Biografie

Der gebürtige Vorarlberger Hämmerle studierte Publizistik und Politikwissenschaft an der Universität Wien. Nach seiner Promotion war er von 1998 bis 2001 für die ÖVP Wien tätig. 2002 wurde er Innenpolitikredakteur bei der "Wiener Zeitung". Nach zwei Jahren stieg er zum Chef vom Dienst, nach weiteren vier Jahren zum stellvertretenden Chefredakteur auf. 2018 wurde er auf Vorschlag des Geschäftsführers Martin Fleischhacker vom Aufsichtsrat zum Chefredakteur bestellt. Im Vormonat wurde Hämmerle bis Ende 2022 in seiner Funktion verlängert.

Die Begründung der Jury im Wortlaut

Die Begründung der Jury lautet: "Walter Hämmerle ist ein bürgerlich-liberaler Journalist in der Tradition des Namensgebers des Preises, Kurt Vorhofer. Hämmerle beweist in seinen profunden Analysen Verständnis für ganz unterschiedliche Positionen. Er hat dabei selbst keine politische Schlagseite, formuliert ausgewogen, unaufgeregt und immer mit historischem Tiefgang. Er ist regierungskritisch, aber nicht regierungsfeindlich. Ähnliches gilt für sein Verhältnis zur Opposition, den Ländern und auch den Einrichtungen der EU.

Als überzeugter und überzeugender Qualitätsjournalist ist er ein glaubwürdiger Vertreter von Transparenz und Ethik. Als früherer Seniorenstaatsmeister im Degenfechten beherrscht er die feine Klinge des Wortes und benutzt niemals den Bihänder. Seine Texte belegen Klarheit im Denken, seine Weigerung, ungeprüft dem Mainstream zu folgen, seine Bereitschaft, auch die Ansicht Andersdenkender gelten zu lassen und seine Fähigkeit, komplexe Zusammenhänge in verständlicher Sprache auszudrücken.

Walter Hämmerle formuliert seine Kommentare zum Tagesgeschehen unter schwierigen Arbeitsbedingungen. In regelmäßigen Abständen erreichen uns Meldungen über die drohende Schließung der Zeitung der Republik. Unbeirrt davon kommentiert er die Politik mit unbestechlicher Distanz und Deutlichkeit. Ohne Rücksicht auf mögliche negative Folgen für sich und seine bedrohte Zeitung benennt er unerschrocken die Defizite der heimischen Innen- und Europapolitik."

Zum Preis

Der Kurt-Vorhofer-Preis wird seit 1996 im Andenken an den langjährigen Leiter der Wien-Redaktion der "Kleinen Zeitung" vergeben. 2020 ging die Auszeichnung an Petra Stuiber vom STANDARD.

Der Vertrag von Walter Hämmerle als Chefredakteur der "Wiener Zeitung" ist bis Ende 2022 verlängert worden, der STANDARD berichtete. Die älteste Tageszeitung der Welt steht nach Ankündigung der Abschaffung der Pflichtveröffentlichungen in gedruckter Form im Amtsblatt auf der Kippe. Der Cognion-Forschungsverbund erarbeitete gemeinsam mit der Chefredaktion ein Konzept, um den Fortbestand der Tageszeitung zu sichern. (red, APA, 6.9.2021)