Wer es bis jetzt verdrängt hat, sieht es aktuell umso deutlicher: Wer viel Besitz hat, sogenannte harte Assets wie Immobilien, Aktien oder Gold sein Eigen nennt, wird stetig reicher. Die ganze Kiste brummt, bis hin zur Kunst: Die Aktie des Auktionshauses Sotheby’s erlebt gerade Höhenflüge. Wer dafür schlau billiges Geld aufgenommen hat und gekauft hat, als gäbe es kein Morgen, dem schmelzen auch die Schulden nebenbei gerade von selbst weg. Das macht die Zauberhand der Inflation.

Es ist ein Paradies für Reiche – und ein Problem für die anderen. Denn Europas Zentralbank dient mit anhaltender Nullzinspolitik der Ungleichheit: Wer nichts hat, außer mit Erwerbsarbeit Geld zu verdienen, sieht sich nicht auf der Sonnenseite. Die paar Tausender Cash auf dem Sparbuch für die Ausbildung der Kinder, die Tausender für Notfälle in der Familie werden stetig weniger.

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Europas Zentralbank dient mit anhaltender Nullzinspolitik der Ungleichheit.
Foto: AP/Michael Probst

Im Hintergrund ziehen die Rohstoffpreise enorm an, Wohnen wird noch teurer, und die Gebühren steigen; Wien ist mit Erhöhungen schon vorangegangen.

Für Vermieter wiederum birgt das wenig Ungemach, die Mieten sind ja inflationsgebunden. Es verlieren alle, die von der Politik gern als "kleiner Mann" typisiert werden. Sie sind eigentlich die Dummen mit ihren Jobs, mit dem Ansinnen, die Familie möglichst nicht in Bankkredite und künftige Schuldenberge zu verstricken.

Zugzwang

Die Jungen werden sogar mehrfach bestraft: Noch nie war es so teuer, aus eigener Kraft Vermögen zu schaffen. Dafür reichen auch noch so viele brav geleistete Arbeitsstunden nicht aus. Grunderwerb geht sich nicht aus, die Mieten steigen, das Lohnplus deckte die ausgewiesene Inflation ab. Wer nicht spekulieren will und etwa deutsche Staatsanleihen erwirbt, sieht nun eine zehnjährige Rendite von minus vier Prozent. Das sind junge Generationen, die noch nicht erlebt haben, dass "früher" bei ähnlich hoher Inflation die reale Verzinsung bei zumindest zwei, drei Prozent lag. Bei all diesen Rahmenbedingungen sind die Folgen der Lockdowns für das Bauen einer Zukunft noch gar nicht erwähnt.

Das bringt die Lohnverhandler unter gewaltigen Zugzwang. Bundeskanzler Sebastian Kurz wird auch nicht müde zu betonen, dass die "Wirtschaft boomt". Vier Prozent Wachstum sind es, über die man sich jetzt freut.

Wie groß muss also die Freude sein, die Rainer Wimmer, Chefverhandler der Metaller, nun einfordert? Er reguliert traditionell die Temperatur für den Verhandlungsherbst. Ein Teuerungsausgleich plus ein kleiner Goodie als Einmalzahlung werden da wohl nicht reichen.

Dass real etwas übrigbleibt und sich die Kurve der Lohnstagnation nicht fortschreibt, ist nur eine Seite. Die andere muss ein starkes Signal sein, dass den Gewerkschaften klar bewusst ist, was sich da abspielt an Steigerung der Ungleichheit. Das wäre automatisch auch ein besseres Argument für junge derzeit Arbeitslose, sich einen Job zu suchen. (Karin Bauer, 7.9.2021)