Der erste Schultag im Osten des Bundesgebiets ist geschafft, und es war für die meisten Kinder wohl ein guter Tag. Sie haben alte Schulkameraden wiedergetroffen und neue kennengelernt. Und ja, wenn es in der Schule passt, freuen sich die meisten nach der Sommerpause auf das Lernen.

Der Großteil nimmt dafür zur Not auch drei bis fünf Corona-Tests pro Woche in Kauf. Denn das Zittern, das diesen Semesterbeginn begleitet, ist beträchtlich. Tatsächlich kann man ohne Übertreibung sagen, dass noch nie ein Schulstart von mehr Vorbehalten und Befürchtungen begleitet war als der aktuelle. Auch jener im vergangenen Jahr nicht, denn da lagen die massiven Corona-Infektionswellen des letzten Winters in Europa noch vor uns. Als die Zahlen positiv Getesteter damals anstiegen, wusste man nicht genau, worauf man sich einließ.

In den Schulen wurde ein Testregime eingeführt, das so gründlich wie möglich sein möchte.
Foto: imago images/Uta Wagner

Heuer hingegen weiß man es, und jene – in Österreich leider zu wenige – Menschen, die sich den Fortschritt der Wissenschaft zu eigen gemacht und sich gegen Corona haben impfen lassen, beobachten mit Erbitterung, dass die Reise erneut in Richtung Einschränkungen geht. Auch in den Schulen, in denen, um den Schließmoment so lang wie möglich hinauszuzögern, ein Testregime eingeführt wurde, das so gründlich wie möglich sein möchte – doch das beträchtlich an den Schwachpunkten der österreichischen Realverfassung krankt und dem Amtsschimmel Auftrieb gibt.

So konnten sich die Verantwortlichen vom Bildungsministerium hinunter in die Länder bis zum ersten Schultag nicht darauf einigen, wie lang einem negativen Corona-Test-Ergebnis vertraut werden kann. 72 Stunden lang gilt ein entsprechender PCR-Befund auf Basis einer bundesweiten Entscheidung in acht der neun Bundesländer, nur 48 Stunden hingegen in Wien. Halbiert gar wurde in der Bundeshauptstadt die Zeitspanne, binnen der man einem negativen Antigentest-Resultat glaubt. Im Bund geht man von 48 Stunden aus.

Anti-Corona-Stiche

Wer nun annimmt, dass diesen differierenden Fristen divergierende Einschätzungen der Testqualitäten zugrundeliegen, der oder die irrt. Die unterschiedlich lange Geltung der Ergebnisse hat vielmehr vor allem organisatorische Gründe. Zurzeit verfügt nur Wien über das notwendige System und die Laborinfrastruktur, um allen Schülerinnen und Schülern, Lehrerinnen und Lehrern PCR-Tests im 48-Stunden-Rhythmus zu ermöglichen – sowie allen anderen Menschen, die PCR-Tests brauchen, weil sie noch nicht geimpft sind.

Damit sind wir beim Kern des Problems. Die ganze Schultesterei in Österreich ist deshalb so aufwendig und kompliziert, weil man bei einer Durchimpfrate von knapp 60 Prozent nicht davon ausgehen kann, dass die Zahl der Immunisierten ausreicht, um die Jüngeren unter zwölf, die nicht geimpft werden können, und die Älteren, die es bisher nicht getan haben, einigermaßen von dem Virus abzuschotten. Stattdessen müssen immens viel Energie und Ressourcen ins Aussieben infizierter Kinder gesteckt werden.

Deren wiederum wird es in Österreich so lange viel zu viele geben, bis auch die jüngste Altersgruppe die Möglichkeit der Anti-Corona-Stiche hat. Angesichts der niedrigen Impfrate in Österreich wird die Immunisierung der kleinen Kinder dann die einzige Option sein, um sie zu schützen. In der aufgeheizten Stimmung im Land ums Impfen allgemein kann man auf diese Diskussion schon jetzt gespannt sein. (Irene Brickner, 6.9.2021)