Godaddy will das "Whistleblowing"-Portal von Texas Right to Life nicht mehr auf seinen Servern haben.

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Vor kurzem ist im US-Bundesstaat Texas die Senate Bill 8 in Kraft getreten, die von ihren Erfindern auch "Heartbeat Bill" genannt wird. Der Name bezieht sich darauf, dass die Regelung es Frauen seit September untersagt, eine Abtreibung vorzunehmen, sobald der Herzschlag des Embryos messbar ist. Damit steht ein Schwangerschaftsabbruch ab circa der sechsten Woche nun unter Strafe, was das Gesetz zur strengsten derartigen Regelung in den ganzen USA macht. Zudem können nun auch Privatpersonen Klagen gegen Privatpersonen, Unternehmen und andere Parteien einreichen, wenn diese jemandem bei einer illegalen Abtreibung helfen.

Das sorgt auch für entsprechende Proteste von Frauenrechtsorganisationen. Kritiker des Gesetzes verweisen darauf, dass der Zeitpunkt nicht nur willkürlich gewählt sei, sondern auch in einem Stadium liegt, in dem viele Frauen eine ungeplante Schwangerschaft noch gar nicht bemerken. Die Bundesregierung unter dem Demokraten Joe Biden evaluiert aktuell Möglichkeiten, gegen die Heartbeat Bill vorzugehen.

Die Befürworter, also die Pro-Life-Bewegung, jubilieren hingegen derzeit, denn ihren Gegnern blieb vorläufig auch Rückendeckung durch den Supreme Court verwehrt. Dieser entschied sich mit einer Fünf-zu-vier-Mehrheit dazu, das Gesetz vorläufig nicht auszusetzen. Eine Prüfung, ob die texanische Regelung der Verfassung entspricht – insbesondere im Hinblick auf den Urteilsspruch in Roe v. Wade, auf Basis dessen das Recht auf Abtreibung überhaupt erst festgeschrieben wurde – steht noch aus. Eine Reihe von Rechtsexperten zweifelt jedenfalls an der Verfassungsmäßigkeit.

Webhoster gegen "Whistleblower"

Der Konflikt erreicht auch die Tech- und Games-Branche. Die Gruppierung Texas Right to Life hat eine "Pro-Life-Whisteblowing"-Plattform gestartet. Dort rief man Befürworter des Gesetzes dazu auf, Wahrnehmungen über womöglich illegale Hilfeleistungen für Schwangerschaftsabbrüche einzuschicken, damit die Organisation diese vor Gericht bringen könne. Gegner der Heartbeat Bill scharten sich unter anderem auf Tiktok und fluteten das Portal mit Shrek-Pornos und anderen Inhalten. Zeitweise dürfte dies sogar zu einem Serverausfall geführt haben.

Das ist nun allerdings – zumindest vorläufig – nicht mehr nötig. Denn der Webhoster Godaddy weigert sich, die Seite weiter auf seiner Infrastruktur zu betreiben. Man informierte Texas Right to Life darüber, dass man 24 Stunden habe, einen neuen Anbieter zu finden, und danach die Abschaltung erfolge, was man auch umsetzte. Dabei machte man Verstöße gegen die Nutzungsbedingungen geltend.

Die Organisation reagierte darauf, indem man die Domain des Whistleblowing-Formulars auf die eigene Hauptseite weiterleiten ließ. Dort veröffentlichte man am Freitag einen Blogpost, in dem man sich darüber echauffierte, von Godaddy "gecancelt" zu werden. Man wolle sich aber nicht unterdrücken lassen. Weiters kündigte man an, dass man binnen "24 bis 48 Stunden" wieder Hinweise entgegennehmen werde. Bisher (7. September, 10 Uhr MEZ) ist das Formular aber weiter offline. Texas Right to Life wurde 1973 gegründet ist laut Transparency USA die größte Anti-Abtreibungs-Lobbyingorganisation im Süden der Vereinigten Staaten und erhält auch Geld von finanzstarken Spendern.

Tripwire-Chef froh über Gesetz

Auch beim Spielestudio Tripwire (Killing Floor) sorgte das Abtreibungsgesetz für Turbulenzen, berichtet Kotaku. Dessen CEO John Gibson meldete sich am Samstag per Twitter zu Wort. Er sei "stolz auf den Supreme Court für die Bestätigung des Gesetzes", schrieb er. "Als Unterhalter werde ich nicht oft politisch. Doch mit so vielen lautstarken Kollegen auf der anderen Seite der Angelegenheit dachte ich, dass es wichtig ist, mich als Pro-Life-Spieleentwickler zu positionieren."

Das sorgte prompt für Kritik innerhalb der Spieleindustrie wie auch von seinen eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Entwicklungspartner Shipwright Studios kündigte kurz darauf an, dass man damit beginnen werde, bestehende Verträge aufzulösen, da man mit der aktuellen Führung von Tripwire nicht "mit gutem Gewissen" zusammenarbeiten könne.

Am Montag gipfelte das nun im Rücktritt von Gibson als Chef des Unternehmens. Seine Kommentare würden nicht die Haltung von Tripwire als Unternehmen abbilden und widersprächen "den Werten des Teams, seiner Partner und des Großteil der Gemeinschaft". Man entschuldige sich für sein Verhalten und wolle schnell Schritte setzen, um "eine positivere Umgebung" zu schaffen.

Interimsmäßig wird der Mitgründer und bisherige Vizepräsident der Firma, Alan Wilson, nun das Ruder übernehmen. Er kündigte bereits Gespräche mit Partnern und eine firmenweite Versammlung an, um einen Dialog zwischen Führung und Mitarbeitern anzustoßen. (gpi, 7.9.2021)