Christiane Druml ist die Vorsitzende der Österreichischen Bioethikkommission.

Foto: Christian Fischer

Die allermeisten Personen in den Corona-Intensivstationen sind nicht gegen das Coronavirus geimpft, das verschärft die Lage massiv. In einem Puls 24-Interview mit der Vorsitzenden der Bioethikkommission, Christiane Druml, wurde die Frage aufgeworfen, ob Nichtgeimpfte bei Spitalsaufenthalten einen Selbstbehalt bezahlen sollen.

Druml antwortete dabei: Das sei eine politische Entscheidung. Prinzipiell sei "unser Gesundheitssystem eines, das nicht differenziert, es kann auch der Ärmste eine Herz-OP bekommen, wenn er sie dringend braucht. Und ich glaube, das ist ein gutes System." Doch das sei eben das Problem der Pandemie – "dass sie uns vor die Situation stellt, dass wir über solche Fragen überhaupt anfangen zu diskutieren".

"Solidarität muss gelten"

Angesprochen wurde Druml auch auf die Forderung der Zürcher Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli, Politikerin der rechtspopulistischen SVP. Diese sagte: "Wer Impfgegner ist, der müsste eigentlich eine Patientenverfügung ausfüllen, worin er bestätigt, dass er im Fall einer Covid-Erkrankung keine Spitals- und Intensivbehandlung will. Das wäre echte Eigenverantwortung." Druml dazu: "Wir haben ein Gesundheitssystem, das auf Solidarität beruht, und die muss auch weiter gelten."

Einmal mehr sprach Druml sich auch für eine Ausweitung der Impfpflicht aus – eine solche sollte es ihrer Ansicht nach nicht nur beim Gesundheitspersonal, sondern auch bei Lehrerinnen und Friseuren geben. Außerdem spricht Druml sich für eine 2G-Regel aus. Man müsse den Menschen bewusst machen, dass sie sich impfen lassen sollen: "Jeder, der nicht geimpft ist, wird an einer Variante wie Delta erkranken."

Umfassende Zahlen dazu, wie viele Geimpfte dennoch eine Spitalsbehandlung brauchen, waren lange nicht verfügbar. Am Mittwoch hieß es von Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne): "Wir wissen dass 90 Prozent der Personen auf den Intensivstationen ungeimpft sind". Er verwies auch darauf, dass umgekehrt von fünf Millionen Geimpften nur 215 Personen auf den Intensivstationen gelandet seien.

Nur vier Prozent Impfdurchbrüche

Grundsätzlich liegt der Anteil der sogenannten Impfdurchbrüche – das sind vollständig Geimpfte mit symptomatischer Infektion – mittlerweile bei 4,05 Prozent (Stichtag 7. September). Bei 215 Personen oder nur 0,13 Prozent führte ein Impfdurchbruch zu einer stationären Aufnahme im Spital.

Der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (Ages) zufolge sind die Impfdurchbrüche mit 4,43 Prozent in der Altersgruppe der über 60-Jährigen am höchsten. Das ist insofern wenig verwunderlich, als die Impfquote bei den Senioren am höchsten ist. Der Anteil von bestätigten Sars-CoV-2-Infektionen mit Krankenhausaufnahme lag bei vollständig immunisierten über 60-Jährigen bei 0,51 Prozent.

Bei den 18- bis 59-Jährigen kam es in 3,22 Prozent der Fälle zu Impfdurchbrüchen, zu Krankenhausaufenthalten führte das in 0,02 Prozent der Fälle. In absoluten Zahlen waren das 30 Betroffene. Fast keine Impfdurchbrüche zeigen sich bisher bei den Zwölf- bis 17-Jährigen, wo allerdings auch die Impfbereitschaft am geringsten ist. 49 vollständig geimpfte Jugendliche infizierten sich neuerlich, in keinem Fall war aber eine Überstellung in ein Krankenhaus erforderlich.

Impfung reduziert Gefahr um 90 Prozent

Die Impfeffektivität lag laut Ages im Zeitraum Anfang Februar bis Anfang September in der Altersgruppe der 40- bis 59-Jährigen bei 88,43 Prozent und bei den über 60-Jährigen bei 89,97 Prozent. Das bedeutet, dass die Gefahr einer Infektion bei den vollständig Geimpften im Vergleich zu den nicht vollständig Geimpften für den Beobachtungszeitraum um fast 90 Prozent reduziert war, betonten Experten. Nach Berechnungen der Gesundheit Österreich GmbH (GÖG) wurden in den Monaten Februar bis August österreichweit 9.484 Krankenhausaufenthalte, 2.524 Aufenthalte in Intensivstationen und 2.849 Todesfälle vermieden. (red, APA, 8.9.2021)