Seit einigen Wochen ist auch der israelische Premierminister Naftali Bennett (hier im Bild beim "Boostern") drittgeimpft.

AFP / APA / Jack Guez

Covid-19 sei zu einer "Pandemie der Ungeimpften" geworden, heißt es dieser Tage immer wieder. Das stimmt im Großen und Ganzen. Aber es gibt Ausnahmen. Zum einen sind ungeimpfte Genesene meist ähnlich gut geschützt wie Geimpfte. Zum anderen gibt es eine nicht zu vernachlässigende Zahl an Impfdurchbrüchen, die aber in den meisten Fällen nur zu leichten Verläufen führen.

Von den seltenen schwereren Verläufen sind vor allem Personen betroffen, die aufgrund ihres hohen Alters, aufgrund von Vorerkrankungen oder Behandlungen immunsupprimiert sind, also über ein nicht so starkes Immunsystem verfügen.

Dritter Stich "absolut notwendig"

Deshalb betonte Gesundheitsminister Mückstein am Mittwoch, dass besonders für diese Personen eine Auffrischungsimpfung wichtig sei, während Kanzler Kurz etwas generalisierend den dritten Stich quasi zur Notwendigkeit erklärte.

Wie aber sieht die vorläufige Evidenz für Drittimpfungen aus? Das erste Land, in dem damit begonnen wurde, war Israel, wo nur mit Comirnaty (also Biontech/Pfizer) geimpft wurde und wo seit Anfang August Booster-Impfungen ebenfalls mit diesem Vakzin durchgeführt werden. Diese Auffrischungen haben – soweit sich das bisher abschätzen lässt – tatsächlich den gewünschten Effekt erzielt, also weniger schwere Verläufe. Bei den Nebenwirkungen wurden keine Auffälligkeiten festgestellt.

EMA prüft Drittimpfung erst

Biontech und Pfizer haben auch bei den US- und EU-Zulassungsbehörden einen formellen Antrag auf diese Drittimpfung gestellt, den die Europäische Arzneimittelbehörde EMA seit Montag prüft. Dass es diese beiden Firmen etwas eiliger haben, hängt wohl auch damit zusammen, dass Comirnaty im Vergleich etwa zu Moderna in seiner Schutzwirkung etwas früher nachlassen dürfte. Das wiederum liegt vermutlich daran, dass in einer Dosis Moderna 100 Mikrogramm mRNA enthalten sind und in einer Dosis Comirnaty nur 30. (Moderna hat in den USA übrigens einen Booster mit 50 Mikrogramm beantragt.)

In Österreich sind auch die Drittimpfungen Sache der Bundesländer, und einige haben bereits damit begonnen, insbesondere in Alten- und Pflegeheimen. Das entspricht auch den jüngsten Empfehlungen des Nationalen Impfgremiums. Diese sehen eine Auffrischungsimpfung nach sechs bis neun Monaten zudem für Menschen mit Vorerkrankungen vor und für jene, die mit Astra Zeneca oder Janssen geimpft wurden. Alle anderen Geimpften sollen sich erst nach neun bis zwölf Monaten drittimpfen lassen. Zum Einsatz kommen dabei in Österreich ausschließlich die beiden mRNA-Impfstoffe. Diese Empfehlungen sind aktuell noch "off-label", da die EMA die Einreichungen eben noch prüft.

Umstrittene Dringlichkeit

Wie dringend und wichtig es ist, auch die Normalbevölkerung rasch und flächendeckend mit Boostern zu versorgen, ist unter Experten und auch bei Gesundheitsbehörden umstritten. Skeptiker vermuten auch Geschäftsinteressen der Pharmafirmen, auf die diese selbst mittlerweile reagieren: So erklärte der Pfizer-Chefwissenschafter Philip Dormitzer in einem aktuellen Interview in der "Financial Times" einige Hintergründe für die Beantragung des Boosters. So habe man bewusst nur 30 Mikrogramm mRNA in eine Impfdosis gepackt, um die Nebenwirkungen gering zu halten.

Soumya Swaminathan, die Chefwissenschafterin der Weltgesundheitsorganisation, sah im August auf der anderen Seite noch wenig Notwendigkeit für ein breites Ausrollen der Drittimpfungen. Sie appellierte einmal mehr, zunächst erst einmal jene Teile der Welt mit Impfstoffen zu versorgen, die noch Erst- und Zweitimpfungen verabreichen müssen. (Klaus Taschwer, 9.9.2021)