Eigentümerversammlungen sind in Zukunft schneller beschlussfähig.

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In einem Wohnhaus treffen oft die unterschiedlichsten Persönlichkeiten und Ansichten unter einem Dach aufeinander. Das macht sich dann bemerkbar, wenn man etwas von den Nachbarinnen und Nachbarn braucht – etwa die Zustimmung zur Errichtung einer Ladestation für das neue E-Auto, für die bisher die Zustimmung aller einzuholen war.

Die Regierung will manche Aspekte des Zusammenlebens erleichtern und dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) einen klimafreundlichen Anstrich verpassen. 650.000 Wohnungen sind von der Gesetzesänderung betroffen, die noch heuer beschlossen und mit Anfang 2022 in Kraft treten soll.

Die erwähnte E-Ladestation wird man dann etwas unkomplizierter errichten können. Die Miteigentümerinnen und Miteigentümer müssen darüber lediglich informiert werden. Kommt kein Einwand, zählt das als Zustimmung.

Neue Mehrheiten

Noch etwas will der Gesetzgeber ändern: Bei der Mehrheitsfindung wird eine qualifizierte Mehrheit reichen. Das bedeutet, dass auch die Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen genügt, wenn diese zumindest einem Drittel aller Miteigentumsanteile entsprechen. In manche festgefahrene Hausgemeinschaft, in der man sich seit Jahren nicht auf dringend anstehende Sanierungen einigen konnte, könnte wieder Bewegung kommen.

Das unterstützt der Österreichische Verband der Immobilienwirtschaft (ÖVI), wie es bei einem Pressegespräch hieß – aber mit Einschränkungen: Denn was passieren würde, wenn sich nach dem Beschluss durch die eine Drittelmehrheit eine andere Drittelmehrheit zusammenfindet und etwas ganz anderes beschließt, sei unklar.

"Offen gestanden ist es für alle komplizierter geworden", sagt ÖVI-Verwaltersprecher Udo Weinberger, der mehr Beschlussanfechtungen befürchtet. Einen positiven Aspekt könnte die Neuerung aber auch haben: "Wir gehen davon aus, dass Wohnungseigentümer ihre Verantwortung aus dem Eigentum mehr wahrnehmen", sagt ÖVI-Geschäftsführer Anton Holzapfel.

Bisher sei es bei manchen Eigentümerversammlungen laut Weinberger so gewesen, dass man ohnehin nichts entscheiden konnte, weil zu wenige Eigentümer gekommen waren.

Hybride Versammlungen

Kritisch sieht man beim Verband die hybriden Hausversammlungen, die durch die Gesetzesänderung ermöglicht werden – im Gegensatz zu reinen Onlineversammlungen, die per Gesetz nicht vorgesehen sind. Die hybride Variante würde durch die technischen Anforderungen das Budget der meisten Hausgemeinschaften übersteigen.

Geplant ist mit der Novelle auch eine verpflichtende Mindestrücklage, die bei etwa 90 Cent je Quadratmeter Nutzfläche liegen wird. Damit soll das Sparschwein von Hausgemeinschaften für anstehende thermische Sanierungen angefüttert und die Dekarbonisierung des Wohnbaus weiter vorangetrieben werden.

Auch wenn es nur ein Tropfen auf dem heißen Stein sein wird. Eine thermische Sanierung kostet nämlich laut Weinberger 250 bis 450 Euro pro Quadratmeter. (zof, 9.9.2021)