Der sehr amerikanische Bill Baker (Matt Damon) im ethnisch bunten Treiben Frankreichs.

Foto: Focus Features

Matt Damon ist ein vielseitiger Schauspieler. Er steht für ein amerikanisches Kino, das auch internationale Beziehungen pflegt, er ist gern dabei, wenn ein chinesischer Blockbuster einen westlichen Star braucht (The Great Wall) oder wenn Francis Ford Coppola sich weit in die rumänische Literatur vorwagt (Jugend ohne Jugend). Mit seiner neuen Rolle in dem Drama Stillwater – Gegen jeden Verdacht von Tom McCarthy begibt er sich nach Marseille und überbrückt dabei eine beträchtliche kulturelle Distanz.

Denn der Bill Baker, den er spielt, ist ein bodenständiger Amerikaner, ausgewiesen auch konsequent durch Hemden mit verwegenem Muster. Wenn ihm etwas Gutes widerfährt, geht er davon aus, dass Gott wahrscheinlich seine Gebete erhört hat. Baker hat eine Tochter, die in Frankreich wegen eines Mordes im Gefängnis sitzt; dieser Teil der Geschichte von Stillwater ist deutlich an den Fall Amanda Knox’ angelehnt, einer Studentin, die für einen 2007 verübten Mord an einer Kollegin in Perugia verurteilt und später freigesprochen wurde.

Karohemden, Gott, Waffen

Baker ist ein verschlossener Typ, der Frauen immer mit "Ma’am" anredet und selbstverständlich kein Französisch spricht. Das Drehbuch, um das sich jeweils ein amerikanisches und ein französisches Duo bemüht haben, lässt ihm passenderweise eine alleinerziehende Mutter über den Weg laufen, die ihm gern bei seinen Recherchen behilflich ist, ihm auch den europäischen Lebensstil näherbringt (Fußball statt Football) und die ihn generell ein bisschen aus seiner bibelfrommen Versteinerung holt. Baker gerät so immer tiefer in die durchaus komplexen gesellschaftlichen Verhältnisse im Süden Frankreichs, wo der Rassismus andere Facetten hat als in Amerika.

Stillwater – Gegen jeden Verdacht versucht, das alles als Krimi, als Charakterdrama und schließlich auch ein bisschen als Reißer zu erzählen, und nimmt sich zwischendurch auch immer wieder Zeit, Themen wie die amerikanische Vorliebe für Waffenbesitz anzusprechen (Bill Baker hat zwei, es fällt sogar der Name einer österreichischen Marke). Stillwater will derart nicht nur zwischen Oklahoma und Frankreich vermitteln, sondern auch zwischen Trump-Amerika und dem, was jemand wie Bill Baker eigentlich normalerweise nie mitkriegen würde – wäre seine Tochter Allison nicht lesbisch und wäre sie nicht nach Frankreich studieren gegangen.

Abigail Breslin verleiht der Figur der Allison ein nuanciertes Profil, so richtig zu integrieren vermag sie die (zu) vielen Anliegen des Films aber auch nicht. (Bert Rebhandl, 11.9.2021)