Personalchefin Birgit Moser-Kadlac hat auf Basis einer Mitarbeiterbefragung umgebaut und ist überzeugt: "Der Kampf um Talente funktioniert nicht mit antiquierten Methoden."

Foto: Michael Edelmayer

Die meisten Unternehmen basteln noch an ihrer Arbeitsorganisation der Zukunft. Eine jeweils mögliche und angemessene Mischung aus Büropräsenz und Homeoffice ist überall Thema.
Das Medienhaus ProSiebenSat1Puls4 hat diese Weichen schon konkret gestellt. Mit Mitte September wechselt der Sender nun auf ein langfristiges Flex-Work-Konzept unter dem Titel "4Deskchanger".

Bis zu 50 Prozent der Arbeitszeit durchgerechnet auf ein Jahr kann außerhalb des Mediaquarters im dritten Wiener Bezirk gearbeitet werden, fixe Vorgaben für Tage gibt es nicht. Dieses hybride, dynamische Modell vereine die positiven Aspekte der persönlichen Flexibilität mit der Möglichkeit, die Unternehmenskultur vor Ort sowie die Arbeit in Teams weiter zu forcieren und hochzuhalten, sagt Personalchefin Birgit Moser-Kadlac. Möglich ist das für rund 250 Mitarbeitende.

Für alle Berufsgruppen, die vor Ort arbeiten müssen – Kameraleute, Moderatorinnen – gibt es einen Essenszuschuss von 2,20 Euro pro Tag. Homeoffice wird mit täglich 50 Cent bezuschusst. Laptop, Handy und Büromaterial werden zur Verfügung gestellt. Im Hintergrund gibt es dazu eine Betriebsvereinbarung und Einzelvereinbarungen. Erlaubt ist demnach auch Remote Work – also mehr als nur Homeoffice außerhalb des Mediaquarters und außerhalb der Wohnsitze.

Flexibel und begleitet

Ob dieses Modell der völlig freien Wahl der Arbeitsorte nicht letztlich die gesamte Last auf die Schultern des mittleren Managements, der Teamleitungen, packt, die ständig koordinieren müssen und andauernd wechselnde Hybridmodelle zu führen haben? Nein, findet Moser-Kadlac. Man müsse sich in solchen Prozessen auch vom Anspruch wegdenken, dass Führungskräfte alles zu lösen haben. Teams müssten sich als Team abstimmen – das sei auch ein Lernprozess und erhöhe den Reifegrad der Organisation. Stichwort Selbstverantwortung und Teamverantwortung also.

Dazu hat die Personalchefin auch ein umfangreiches Schulungs- und Begleitprogramm für Führungskräfte etabliert. Sowohl Betriebsärztin als auch Arbeitspsychologin und die Onlineplattform Instahelp sind verstärkt im Einsatz, beraten vermehrt auch virtuell.

Verschiedene Module in Sachen Gesundheitskompetenz – etwa Burnout-Früherkennung – sind obligatorisch. Zum Warum dieser Neuordnung ist die Personalchefin ganz klar: "Der Kampf um Talente funktioniert nicht mit antiquierten Methoden. Was wir hier gemacht haben, ist kulturverträglich und keine Änderung um des Änderns willen." ProSiebenSat1Puls4 hat jetzt schon eine insgesamt junge Belegschaft: Das Durchschnittsalter im Medienhaus liegt aktuell bei 33 Jahren, der Frauenanteil beträgt über 50 Prozent.

Ankommen

Vorgesehen ist in dieser neuen Organisation auch Flexibilität je nach Bedürfnis rund um das Thema Onboarding. Mitarbeiter etwa, die kürzer als ein Jahr im Betrieb sind, sollten zunächst im Büro arbeiten und dort alle und alles gut kennenlernen – außer die Führungskraft hat keine Bedenken. Praktikanten und Lehrlinge sind grundsätzlich auch für Arbeit im Büro eingeteilt. Wer den Alltag des Unternehmens mit all seinen Abläufen und Logiken noch nicht kennt, will sich auch zunächst in Präsenz einarbeiten, habe eine Mitarbeiterumfrage ergeben, sagt Moser-Kadlac.

Eine Neuaufstellung des Entlohnungssystems, angepasst an die neue Arbeitsorganisation, sei nun als nächster Schritt in Ausarbeitung, so Geschäftsführer Markus Breitenecker. (kbau, 16.9.2021)