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Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg nennt in einem Gastbeitrag in der "Welt am Sonntag" die Ereignisse der vergangenen Wochen in Afghanistan "desaströs".

Foto: AP / Francisco Seco

Kabul – Die Nato hat nach Angaben von Generalsekretär Jens Stoltenberg "eine umfassende Untersuchung" zum desaströs geendeten Afghanistan-Einsatz eingeleitet. "Die Ereignisse der letzten Wochen waren tragisch für die Afghanen und erschütternd für alle, die sie unterstützen", schrieb Stoltenberg in einem Gastbeitrag für die "Welt am Sonntag". Es gebe viele schwierige Fragen bezüglich des Nato-Engagements, die man sich nun ehrlich stellen müsse. "Wir müssen Lehren daraus ziehen."

Nato will sich "nicht zurückziehen"

Zugleich machte Stoltenberg deutlich, dass sich das Militärbündnis nicht vollständig zurückziehen will. "Afghanistan wird nicht die letzte Krise sein, in der Nordamerika und Europa gemeinsam, mithilfe der Nato, handeln müssen", erklärte der frühere norwegische Regierungschef. "Es wird immer jemanden geben, der uns schaden will. Das haben wir am 11. September (2001) und seitdem noch bei vielen anderen Terroranschlägen gesehen."

In Afghanistan hatten zuletzt kurze Zeit nach dem Ende des Nato-Militäreinsatzes in dem Land die militant-islamistischen Taliban die Macht zurückerobert. Ziel des knapp zwei Jahrzehnte dauernden Einsatzes war es eigentlich gewesen, genau das zu verhindern.

Indes konnten mit den ersten Passagierflügen aus Kabul seit Ende der chaotisch verlaufenen militärischen Evakuierungsflüge mehr als 250 Ausländer Afghanistan verlassen. Binnen drei Tagen seien mehr als 250 ausländische Staatsbürger – darunter Dutzende US-Amerikaner – ausgeflogen worden, teilte der US-Sondergesandte für Afghanistan, Zalmay Khalilzad, am Samstag auf Twitter mit.

Nato nehmen Taliban in die Pflicht

Zugleich dankte er dem arabischen Emirat Katar für Hilfe bei den Flügen und begrüßte die Zusammenarbeit der militant-islamistischen Taliban bei diesen "wichtigen Bemühungen". Die Vereinigten Staaten nähmen die Regierung von Katar, die Taliban und andere weiter in die Pflicht, um die sichere Ausreise von Menschen, die das Land verlassen wollten, zu gewährleisten.

Mit einem zweiten Passagierflug der Gesellschaft Qatar Airways wurden am Freitag auch 45 Deutsche mit Familienangehörigen aus der afghanischen Hauptstadt Kabul gebracht worden. Das teilte das Auswärtige Amt am Samstag in Berlin mit. Es werde intensiv an weiteren Ausreisemöglichkeiten gearbeitet, sagte ein Sprecher. Betroffene würden kontaktiert. Mit einem ersten zivilen Evakuierungsflug waren am Donnerstag bereits 15 Deutsche aus Afghanistan ins arabische Emirat Katar geflogen worden.

Pakistan will Flugverkehr aufnehmen

Seit Ende der militärischen Evakuierungsmission in Kabul mit dem Abzug der letzten US-Soldaten bemühen sich westliche Länder, ihren Staatsangehörigen und früheren afghanischen Ortskräften die Ausreise zu ermöglichen. Dazu sollen zunehmend auch der Landweg genutzt werden und Flüge aus Nachbarländern starten.

Ungeachtet der unklaren Zukunft Afghanistans will die staatliche pakistanische Fluggesellschaft PIA den kommerziellen Flugverkehr in die afghanische Hauptstadt Kabul ab Montag wieder aufnehmen. "Wir haben alle technischen Genehmigungen für den Flugbetrieb", sagte ein Sprecher des Unternehmens am Samstag. Der erste Flug werde am 13. September von Islamabad aus nach Kabul starten.

Mit der Ankündigung aus Pakistan wächst die Hoffnung auf eine Wiederaufnahme des regulären Flugbetriebs. Bereits am Freitag waren mehrere hundert Menschen an Bord von Chartermaschinen nach Katar gelangt. (APA, 11.9.2021)