Am Samstag hieß es in Wien wieder einmal "Kurz muss weg". Knapp 3.000 Personen zogen vom Resselpark aus durch die Stadt, um gegen Impfungen und die Regierung zu demonstrieren. Dabei kam es auch zu Übergriffen auf Journalisten und Journalistinnen sowie kleineren Attacken auf die Polizei.

Bild von der Demonstration am Samstag.
Markus Sulzbacher
Die erste Reihe der Demonstration.
Markus Sulzbacher

Mit dabei waren Personen, die bereits gegen Impfungen gegen das Covid Stimmung gemacht hatten, als es noch keinen Impfstoff gab. Zu der Kundgebung im Resselpark gesellten sich bekannte Rechtsextreme wie Gottfried Küssel oder Identitären-Chef Martin Sellner, Anhänger des antisemitischen QAnon-Kults und Personen, die sogenannte Judensterne mit der Aufschrift "Ungeimpft" auf ihrer Kleidung trugen. Mit Monika Donner nutzte eine Mitarbeiterin des Verteidigungsministeriums die Kundgebung als Bühne. In ihrer Rede rief sie dazu auf, den Gehorsam zu verweigern und kritisierte die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie scharf.

Auszug der Rede von Monika Donner.

Es war nicht der erste Auftritt von Frau Donner. Sie gab einer rechtsextremen Zeitschrift Interviews und erzählte vor wenigen Wochen einem oberösterreichischen Online-TV-Sender, dass Österreich sich in einer Diktatur befinde und "anglo-amerikanische Globalisierer" für den Ersten und Zweiten Weltkrieg verantwortlich seien, die eine euro-asiatische Allianz verhindern wollen. Eine Geschichte, die unter anderem die Schuld Deutschlands am Zweiten Weltkrieg infrage stellt. Donner machte bei diesem Auftritt auch 5G-Mobilfunk für eine erhöhte Sterblichkeit von an Corona erkranken Menschen verantwortlich. Eine haarsträubende Geschichte, da das Virus zahlreiche Leben in Ländern wie Indien oder Brasilien forderte, in denen es keinen 5G-Ausbau gibt.

Für das Bundesheer sind die Auftritte von Frau Donner durch "die Meinungsfreiheit" gedeckt, wie es auf Anfrage dazu heißt. Wird jedoch eine "Pflichtverletzung kommen oder ein strafrechtlich relevantes Verhalten" festgestellt, werden diese Fälle untersucht. Im Zusammenhang mit dem Auftritt Donners auf der Kundgebung in Wien schrieb Bundesheersprecher Michael Bauer auf Twitter: "Wir haben alle möglichen rechtlichen wie auch disziplinären Maßnahmen eingeleitet."

Neben Donner hat auch ein Offizier des Heeresnachrichtenamts des Bundesheeres, das für die Auslandsaufklärung zuständig ist, für Aufregung gesorgt. Hermann H. Mitterer hat ein Buch über "Bevölkerungsaustausch in Europa: Wie eine globale Elite die Massenmigration nutzt, um die einheimische Bevölkerung zu ersetzen" geschrieben und damit eine zentrale rechtsextreme Verschwörungserzählung befeuert, die auch von den rechtsextremen Identitären und vom Attentäter von Christchurch verbreitet wurde, der sein Bekennerschreiben mit "Der große Austausch" titelte. Seitens des Bundesheeres hieß es zu dem Buch, dass es heeresintern überprüft und nicht beanstandet wurde.

"Dann gnade Euch Gott!"

Beanstandet wurde hingegen ein Video eines hohen Militärs. Anfang Februar wurde der Kommandant der 6. Gebirgsbrigade in Absam, Johann Gaiswinkler, suspendiert. Er stolperte über ein Youtube-Video, in dem er den scharfen Kritiker des Corona-Managements der Regierung gab – über einen Nazispruch auf seinem T-Shirt. "Noch sitzt Ihr da oben, Ihr feigen Gestalten. Vom Feinde bezahlt, dem Volke zum Spott. Doch einst wird wieder Gerechtigkeit walten, dann richtet das Volk. Dann gnade Euch Gott!", stand darauf. Nach einem Disziplinarverfahren wurde er nach Osttirol versetzt, wo er nun für strategische Planung zuständig ist.

Für Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) war der Fall damit erledigt. Sie bestritt im Interview mit der deutschen Zeitung "Die Welt", dass sich im österreichischen Bundesheer rechtsextremes Gedankengut verbreiten könnte. "Es hat auch bei uns Einzelfälle gegeben, aber keine Häufung von rechten Umtrieben innerhalb bestimmter Einheiten", sagte die Ministerin im Juli dieses Jahres.

Hitler-Imitator in der Kaserne

Einer dieser Einzelfälle stand kurz vor der Veröffentlichung des Interviews in Graz vor Gericht. Ein ranghoher Soldat hatte in der Kaserne mehrmals den Hitlergruß gezeigt und trat als Hitler-Imitator auf, selbst seinen Bart trug er wie Hitler. Der Mann zeigte sich vor der Richterin geständig und wurde zu einer bedingten Haft- und einer Geldstrafe (nicht rechtskräftig) verurteilt. Ein schräger und auch hervorstechender Fall, denn laut Auskunft des Bundesheeres wurden "in den letzten drei Jahren vier Soldaten wegen rechtsextremer oder rassistischer Äußerungen disziplinär zur Verantwortung gezogen". Für eine Einrichtung mit vielen tausenden Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen eine beachtlich niedrige Zahl.

Die "Kleine Zeitung" berichtete am 17. Juli dieses Jahres über den Prozess.
Foto: Scr

Trotzdem sind im Bundesheer Rechtsextreme zu finden. Die Unterstützung oder Mitgliedschaft in einer einschlägigen Gruppierung ist nämlich kein Grund für eine Sperre oder einen Rauswurf. So finden sich im Heer weiterhin Soldaten, die mit den Identitären am Weg sind, wie erst unlängst ebenfalls durch einen Prozess in Graz publik wurde. Im Rahmen der Verhandlung stellte sich heraus, dass Jakob Gunacker, Anführer des Identitären Spin-offs "Die Österreicher", bei einer Corona-Demonstration von einem Soldaten begleitet wurde, als sie mit Gegendemonstranten aneinandergeraten sind.

Die Identitären werden vom Verfassungsschutz überwacht und Aktivisten der Gruppierung begehen immer wieder auch Straftaten. Sowohl der rechtsextreme Mörder des CDU-Politikers Walter Lübcke als auch der Attentäter von Christchurch, der 51 Menschen ermordete, spendete den Identitären Geld.

Wie viele Identitäre genau beim Heer sind, ist unklar. In der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage aus dem Jahr 2019 hieß es dazu, dass "eine Person" an die Rechtsextremen Geld gespendet haben soll. Damals wurden im Zuge einer behördlichen Hausdurchsuchung bei Identitären-Sprecher Martin Sellner Listen von Mitgliedern und Sympathisanten sichergestellt. Laut dem STANDARD vorliegenden Informationen unterhielten damals über 50 Soldaten, darunter viele Angehörige der Miliz, Kontakte zu den Rechtsextremen.

Seitens des Bundesheeres wird betont, dass eine Mitgliedschaft bei den Identitären zu einer Überprüfung der Verlässlichkeit führt. "Sollte bei dieser Überprüfung ein strafrechtlich relevanter Tatbestand festgestellt werden, so werden auch disziplinäre und juristische Maßnahmen ergriffen", so ein Sprecher.

Lob der Taliban

Wie stark weit rechtes Gedankengut im Heer verbreitet ist, zeigt sich seit Jahren bei den Wahlen zur Österreichischen Hochschüler:innenschaft (ÖH). Beim Urnengang im Mai dieses Jahres ging der Ring Freiheitlicher Studenten (RFS) im Fachhochschulstudiengang Militärische Führung erneut als stimmenstärkste Fraktion hervor.

Monika Donner bei ihrem Auftritt in Wien.
Foto: Markus Sulzbacher

Der RFS gilt seit Jahrzehnten als ein politischer Flügel deutschnationaler Burschenschaften, in dessen Reihen sich auch bekannte Rechtsextreme tummeln oder tummelten. Wie etwa Alexander Markovics, einst führender Kopf der Identitären, der nun für eine Zeitschrift der deutschen Neonazi-Partei NPD schreibt und unlängst mit antiamerikanischen Tiraden für Aufsehen sorgte. Nach der Machtübernahme der islamistischen Taliban schrieb er auf Twitter: "Der Sieg der Taliban in Afghanistan bedeutet eine krachende Niederlage für den #Globalismus. Dragqueens, Homoparaden und Menschenrechtsideologie haben dort Sendepause. Wird Zeit, dass auch #Europa sich aus seinem Zustand als amerikanische Kolonie befreit!"

Neben den ÖH-Wahlen zeigt sich auch bei den Personalvertretungswahlen, dass Freiheitliche im Bundesheer beachtlich stark vertreten sind. Auch beim Abwehramt, das für die Überprüfung der Verlässlichkeit von Soldaten zuständig ist und auch die Identitären überwacht.

Zwei seiner Leute wurden im Jänner dieses Jahres verurteilt, weil sie eine "Quelle" in eine rechte Gruppierung geschleust und so von Plänen erfahren haben, eine Moschee in Graz zu schänden. Schließlich hing ein halber Schweinekopf am Bauzaun vor der Moschee, Schweineblut tropfte herunter. Die Tat wurde nicht verhindert. (Markus Sulzbacher, 13.9.2021)

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