Nicht im Sinne des Erfinders, aber durchaus unterhaltsam: Mit dem Linienbus über die Wiese zum nächsten Bauernhof brettern.

Foto: Screenshot/Stillalive Studios

Am Tag nach meinem ersten Testlauf im Bus Simulator 21 hat mich meine Garmin-App überrascht – denn die smarte Uhr hatte die ersten 2,5 Stunden mit dem neuen Simulator der Innsbrucker Stillalive Studios nicht als Aktiv-, sondern als Schlafenszeit gewertet. Das verwundert, denn die neueste Version des Bus Simulators ist alles andere als eintönig oder gar langweilig, sondern entführt spielerisch (und teils mit einer netten Prise Humor) in die vielfältige Welt des Busfahrer-Berufslebens.

Weite Welt, viele Möglichkeiten

Spaß macht der Bus Simulator 21 vor allem aufgrund der weiten Welt und der vielen Gestaltungsmöglichkeiten. So gibt es zwei große Karten, welche jeweils eine fiktive Region im Süden der USA und Ortschaften in Mitteleuropa abbilden. Bis diese einmal gänzlich erkundet sind, können locker einige Spielstunden vergehen.

Die ersten 2,5 Stunden meines Gameplays mit dem Bus Simulator 21.
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Doch nicht nur die Karten lassen viel Freiraum, auch an den Details des Spiels wurde nicht gespart. Das zeigt sich allein schon in der Charaktergenerierung, bei der 15.000 unterschiedliche Gestaltungskombinationen möglich sind. Ich entscheide mich bei der Erstellung meines Charakters für eine Kombination aus Sonnenbrille, Schnauzer und Schlabberlook.

Das bin ich. Als Busfahrer.
Foto: Screenshot/Stillalive Studios

Mein Bus = meine Welt

Ist der Charakter einmal erstellt, geht es schon bald an das Kernelement des Spiels: Das Busfahren. So findet sich der Spieler auf einem Parkplatz wieder, bei dem er sich zu Beginn für eines von drei Busmodellen entscheiden kann. Insgesamt haben die Innsbrucker 30 Busse der weltweit bekanntesten Marken lizenziert – darunter Mercedes-Benz, Volvo, Scania, BYD, Alexander Dennis, Blue Bird, Grande West, Setra, Iveco Bus und MAN. Auf den von den Wiener Linien verwendeten Mercedes Citaro kann man im Bus Simulator 21 bereits zu Beginn des Spiels zugreifen.

Blick aus dem Cockpit: Auch Wetter und Tageszeiten werden simuliert.
Foto: Screenshot/Stillalive Studios

Nach ein paar Runden auf dem Übungsplatz ist man auch schon bereit für die offene Straße. Wie bei Simulatoren dieser Art üblich, gibt es auch hier verschiedene Schwierigkeitsgrade, bei denen man entweder alle Funktionen des Busses steuert oder den Computer einige Elemente übernehmen lässt. Per Controller (getestet wurde die PS4-Version des Spiels auf einer PS5) gibt man somit Gas, bremst und lenkt.

Eine wichtige Taste des Spiels ist jene, mit der man an jeder Station die Türen öffnet. Beim Verlassen einer Station kann man blinken, wofür es Extrapunkte gibt. Befinden sich Rollstuhlfahrer unter den Fahrgästen, so muss eine Rampe ausgefahren werden. Und schließlich gibt es noch ein Menü, das Zugriff auf weitere Funktionen des Fahrzeugs gewährt – von der Handbremse über die Scheibenwischer bis zum Öffnen einzelner Türen.

Geliebte Fahrgäste

Doch das Spiel (und auch dieser Testbericht) wären recht öd, wenn damit schon das Ende der Fahnenstange erreicht wäre. Denn seinen Charme entwickelt das Spiel eigentlich in der Interaktion mit den Fahrgästen. Während herkömmliche Spiele einen Soundtrack aus der Konserve dudeln lassen, kann man im Bus Simulator 21 den Gesprächen der Fahrgäste lauschen. So scheint das heiße Thema der Stadt eine Boyband namens "All Directions" zu sein, deren Musik und Stil die Meinungen spalten. Ein älterer Herr telefoniert lautstark mit seinem Friseur. Und ich erfahre, dass jemand für die Katze der Universität eine Website erstellt hat. Überhaupt reden meine Fahrgäste oft und gerne über ihre Katzen – und wollen mir auch manchmal Fotos derselben zeigen, wenn ich mit ihnen spreche.

Denn, ja: Zum Busfahrerleben gehört nicht nur, dass man das Fahrzeug sicher durch die Straßen lenkt – auch die Interaktion mit der Bevölkerung ist ein zentrales Element. Dieses beinhaltet auch, dass man den Menschen die richtigen Fahrscheine verkauft – und wenn man falsch Wechselgeld herausgibt, gibt es wieder Punkteabzug.

Achtung, das Wechselgeld muss korrekt herausgegeben werden!
Foto: Screenshot/Stillalive Studios

Die Fahrerscheine werden aber nicht nur verkauft – sondern auch kontrolliert! So kann ich meine Fahrerkabine verlassen und die Fahrscheine der Passagiere verlangen. Erwische ich einen Schwarzfahrer, so spült das Geld auf mein Konto. Haben die Menschen hingegen einen Fahrschein, so wollen sie oft gleich auch noch das besagte Katzenfoto herzeigen.

Diesen Fahrgast wecke ich auf, sein Schnarchen nervt nämlich alle.
Foto: Screenshot/Stillalive Studios

Auch sonst gibt es immer wieder mal wieder Gründe, bei den Fahrgästen vorbeizuschauen. Manche hören etwa zu laut Musik und müssen daher gemaßregelt werden. Andere blockieren den Eingang und hindern mich an der Weiterfahrt – auch hier ist Schimpfe angebracht. Und dann gibt es diese Dodel, die immer ihre Station verpassen. Wenn ich für diese anhalte und die Türen für sie öffne, gibt es wieder Extrapunkte.

Wirtschaftsfaktor Busunternehmen

Die erwähnten Punkte und Schwarzfahrer-Strafen sind essentiell für die dritte Säule des Spiels. Denn obendrein ist der Bus Simulator 21 eine Wirtschaftssimulation, bei der man sein eigenes Busunternehmen gründet – ich entscheide mich für den Namen "Plagus GmbH" – und dieses zum Erfolg führt. So wird Geld mit den Fahrten eingenommen, Abzüge gibt es wiederum etwa für Gehälter sowie die Wartung von Bussen und Bushaltestellen.

Die Einnahmen, Ausgaben und Faux-Pas des Fahrens werden penibel genau aufgelistet.
Foto: Screenshot/Stillalive Studios

Von dem Ersparten wiederum kann ich mir neue Busse kaufen, beziehungsweise diese in verschiedenen Farben anmalen lassen. Auch der Innenraum lässt sich gestalten – wiewohl dem Spieler wohl rasch klar wird, dass es auf der ganten Welt keine einzige hübsche Innengarnitur für Busse gibt. Wer wiederum Werbung auf seinen Bus klebt und damit durch die Stadt cruised, der generiert zusätzliche Einnahmen.

Foto: Screenshot/Stillalive Studios

Und schließlich können noch Busrouten erstellt werden, welche wiederum selbst abgefahren oder von Mitarbeitern des Unternehmens serviciert werden – diese tragen übrigens manchmal covid-gerecht Schutzmasken, auch an dieses Detail wurde im Jahr 2021 gedacht.

Randalieren unerwünscht

Die Integration des Wirtschaftsfaktors bedeutet zugleich einen großen Wermutstropfen für Casual Gamer: Randalieren macht nicht mehr so viel Spaß wie bei anderen Spielen, denn jedes Vergehen wird sogleich mit einer Geldstrafe versehen – das Streifen einer Bordsteinkante, das Rammen eines anderen Autos und natürlich das Überfahren von Fußgängern. Wer sich also für eine Anarchisten-Karriere im Stil der GTA-Spiele entscheidet, der muss zugleich mit Einbußen im Spielfortschritt rechnen.

Das bedeutet aber nicht, dass es per se nicht möglich sei, die Grenzen des Gesetzes im Spiel zu überschreiten – ganz im Gegenteil: Die Physik des Spiels erinnert ein wenig an die erwähnten Spiele der GTA-Reihe, wodurch gerammte PKW durchaus mal eine skurrile Position einnehmen.

Während des Wartens auf GTA VI können sich Fans des Franchises auch im Bus Simulator ordentlich daneben benehmen.
Foto: Screenshot/Stillalive Studios

Zu einem anderen Zeitpunkt des Tests entschied ich mich auf der Mitteleuropa-Karte, bewusst den Fahrplan zu ignorieren, um die Dörfer und Berglandschaften zu erkunden. Somit fand ich mich rasch als Geisterfahrer auf einer Autobahn wieder, schlängelte mich durch eine Passstraße, fuhr querfeldein an einem Bauernhof vorbei und landete schlussendlich in einem Graben. Möglich ist dies im Spiel also alles – aber entspannender ist es schließlich doch, Fahrscheine zu verkaufen und den eigenen Fahrplan einzuhalten.

Mein kleiner Ausflug endete im Graben.
Foto: Screenshot/Stillalive Studios

Fazit: Mehr als nur ein Fahrsimulator

Simulatoren werden oft belächelt, da sie im Gegensatz zu Shootern und Open-World-Rollenspielen sowohl Adrenalinspritzen als auch epische Stories vermissen lassen. Der Bus Simulator 21 punktet aber mit etwas, das man bei anderen Games oft vergeblich sucht: viel Liebe zum Detail. Die Fahrgäste sind sehr abwechslungsreich modelliert und wirken nicht so, als kämen sie von der Stange, das Gleiche gilt für ihre Gespräche über die Boyband "All Directions". Die Karten sind riesig, und es dauert etliche Stunden, bis diese erkundet sind. Ähnliches gilt für die verschiedenen Busmodelle und Spielmodi, die extrem viel Abwechslung bieten.

Auf der Malus-Seite sei erwähnt, dass es während des Tests nicht möglich war, einer Multiplayer-Session beizutreten. Auch ist nicht ganz nachvollziehbar, weshalb zuerst rund zwei Stunden auf der USA-Karte absolviert werden müssen, bevor man auch die Europa-Karte fahren darf. Doch wer sich von diesen Punkten nicht irritieren lässt, der findet im Bus Simulator 21 genug Material für etliche entspannte Spielstunden. (Stefan Mey, 12.9.2021)

Hinweis im Sinne der redaktionellen Leitlinien: Ein Testexemplar wurde dem STANDARD vom Publisher Astragon zur Verfügung gestellt.