Gut gefüllte Publikumsränge bei einer Live-Übertragung des Triells.

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Das neue, das zweite TV-Triell in diesem Wahlkampf, startet mit einem schon bekannten Thema. Sag, wie hältst du es mit der Linkspartei, lautet gleich eingangs die Frage an die drei Kanzlerkandidaten. Klar in diesem Punkt ist Armin Laschet (CDU): "Wir werden auf keinen Fall mit der Linken und der AfD koalieren." So deutlich wollen Annalena Baerbock (Grüne) und Olaf Scholz (SPD) nicht werden, sie verweisen erneut darauf, dass man nur mit Partnern regieren könne, die sich zur Nato bekennen. Laschet nutzt die Gelegenheit und bezeichnet Scholz als "unredlich". Denn es müsse jedem klar sein, sagt er Richtung Scholz: "Wenn es eine rechnerische Mehrheit gibt, werden Sie eine Regierung mit der Linken machen."

Durchsuchung im Finanzministerium

Es ist das erste, aber nicht das einzige Mal, dass Laschet Scholz angreift. Laschet und die Union liegen in Umfragen ja hinter der SPD und Scholz. Am Wochenende hat Laschet beim CSU-Parteitag in Nürnberg von der kleinen Schwester CSU den Auftrag bekommen, nun die Trendwende einzuleiten. Das hat er offensichtlich im Hinterkopf, als die Rede auf die Razzia im Finanzministerium kommt, das ja SPD-Kanzlerkandidat Scholz leitet. Dort hat vor einigen Tagen die Staatsanwaltschaft Osnabrück eine Durchsuchung eingeleitet.

Die Ermittlungen richten sich gegen die beim Zoll und damit beim Finanzministerium angesiedelte Spezialeinheit zur Bekämpfung von Geldwäsche, die Financial Intelligence Unit (FIU). Gegen sie wird laut Staatsanwaltschaft seit 2020 ermittelt, weil von Banken gefertigte Verdachtsmeldungen nicht an Polizei und Justiz weitergeleitet worden seien. Scholz zeigte sich über die Durchsuchungen verstimmt und erklärte, die Staatsanwaltschaft habe Fragen an die Ministerien gehabt. "Die hätte man schriftlich stellen können", sagt er, das könne jetzt jeder selbst bewerten.

Ein Infragestellen der Justiz kenne er nur von Populisten, ätzt Laschet gegen Scholz, was der nicht auf sich sitzen lassen will. Er lobt vielmehr die eigene Arbeit. Die Behörde habe 2017, als er sie übernommen hat, nur 150 Mitarbeiter gehabt, demnächst würden es 700 sein. Auch sei das Meldeaufkommen von "50.000 auf 150.000" gestiegen. Scholz: "Das ist eine ganz beeindruckende Leistung."

Baerbock im Abseits, Scholz als Sieger

Laschet ist mit dieser Antwort nicht zufrieden und kritisiert: "Es ist schon ein Wunder, wie sie selbst in diesem Fall eine solche Schönrednerei an den Tag legen können." Er wirft Scholz auch vor: "Das ist ja nicht der erste Fall, wo Sie keine Verantwortung übernommen haben." Erwähnt werden von ihm noch der Wirecard-Skandal und die Cum-Ex-Geschäfte der Hamburger Warburg Bank in der Zeit, in der Scholz Bürgermeister von Hamburg war. Die Aufzählung erfreut Scholz nicht, er wirft Laschet hör- und sichtbar aufgebracht vor, Dinge zu verdrehen. Baerbock schlägt zwar vor, zur Bekämpfung von Geldwäsche Immobilien nicht mehr bar bezahlen zu dürfen, gerät aber im Schlagabtausch zwischen Scholz und Laschet eher ins Abseits. Doch einen wirklich harten Treffer gegen den Konkurrenten zu setzen, gelingt weder Scholz noch Laschet.

Während die drei kämpfen, befragt das Meinungsforschungsinstitut Infratest Dimap schon Zuseherinnen und Zuseher. Am Ende ergibt die Umfrage: 41 Prozent sehen Scholz als klaren Sieger, 27 Prozent Laschet, 25 Prozent Baerbock. So gesehen gewinnt Scholz auch das zweite TV-Triell. Auch aus dem ersten war er laut Umfrage als Sieger hervorgegangen.

Gelegentlich gibt es bei den dreien beim zweiten Triell, das ARD und ZDF ausstrahlen, auch Einigkeit: Alle lehnen eine Impfpflicht zur Bekämpfung von Corona ab. Gefragt, welche Konsequenzen sie aus der Krise ziehen, fordert Laschet mehr "europäische Autarkie" bei Masken, medizinischen Geräten und Schutzkitteln. Baerbock verlangt: "Wir müssen länderübergreifend zusammenarbeiten, wir brauchen einen Krisenstab im Kanzleramt." Für Scholz ist es am wichtigsten, den Gesundheitsdienst auf den neuesten Stand zu bringen.

Streit beim Thema Klima

Streit gibt es natürlich beim Klima-Thema. Baerbock fordert, 50 Milliarden Euro jährlich in "Klimastruktur" zu investieren. Sie will Schienen ausbauen und Solaranlagen. Laschet setzt sich von Kanzlerin Angela Merkel ab und erklärt, es sei falsch gewesen, zuerst aus der Atomkraft auszusteigen und dann erst den Kohleausstieg in Angriff zu nehmen. Baerbock will – im Gegensatz zu Laschet – schon 2030 aus der Kohle aussteigen, nicht erst 2038. Für Scholz hat Priorität, schon im ersten Jahr der nächsten Legislaturperiode "dafür zu sorgen, dass genügend Strom in Deutschland erzeugt wird". Das regt Laschet auf. "Bei aller Liebe ...", sagt er, "bei jedem Entfesselungsvorschlag haben Grüne und SPD blockiert."

Nichts Neues gibt es beim Thema Steuern. Laschet warnt vor Steuererhöhungen, diese würden die Konjunktur nach der Krise abwürgen. Baerbock und Scholz hingegen erklären, ein Beitrag der Reicheren sei für Investitionen nötig. Auffällig am Schluss, als alle drei sich noch mal direkt an die Zuseherinnen und Zuseher wenden dürfen: Scholz und Laschet erklären, was sie "als Bundeskanzler" machen wollen. Baerbock hingegen verwendet den Ausdruck "Bundeskanzlerin" nicht. Sie spricht von sich nur als "Ihre Kanzlerkandidatin". (Birgit Baumann aus Berlin, 12.9.2021)