"Das ist der unjaguarigste Jaguar, den ich je gesehen habe." Ja, diesen Satz musste ich mir anhören lassen. Aber ich muss mich gar nicht wundern. Denn wenn man vor Freundinnen und Freunden ankündigt, mit einem Jaguar vorzufahren, und dann den XF Sportbrake präsentiert, und im ersten Blick auch noch von hinten, ist dieser Kommentar völlig berechtigt. Es gibt attraktivere Anblicke als einen Kombi von hinten.

Die Frontpartie ist Jaguar-Material, und auch ansonsten ist der XF Sportbrake ein elegantes Auto.
Foto: Stockinger

Dreht man eine Runde um das Auto, was schon ein wenig dauert, immerhin ist die Gadse fast fünf Meter (genau gesagt 4,96) lang, dann wird sofort klar: Das ist ein Brite. Den Kühlergrill erkennt man doch auf hundert Kilometer gegen den Wind.

Das bedeutet aber nicht, dass ich dem XF seine Eleganz absprechen will, wo kommen wir denn da hin? Der Kombi ist freilich mal wieder mit der ganz feinen Klinge, oder Federspitze, gezeichnet, da ist kein Schwung, keine Ecke zu viel dran. Und das führt sich im Innenraum fort. Die helle Lederausstattung macht ordentlich was her, und man vergisst vor lauter Komfort fast, aber nur fast, die Angst, etwas dreckig zu machen.

Der vergrößerte Kofferraum ist aber definitiv Geschmackssache.
Foto: Stockinger

8000 für 300?

Und dieser Komfort hält auch auf der Straße an. Wenn man "entspanntes Fahren" im Duden nachschlägt, sollte genau dieses Bild da oben rechts auftauchen. Die ZF-8-Gang-Automatik verrichtet ihre Arbeit unauffällig und -aufgeregt, die Lenkung ist zwar präzise, man muss aber keine Angst haben, dass jeder Lenkeinschlag gleich im Straßengraben endet, und das Gaspedal braucht auch etwas mehr (Zu-)Neigung, bis es das 1,9-Tonnen-Gefährt mal ordentlich nach vorn bewegt.

Foto: Stockinger

Obwohl, und da sind wir schon bei einem Kritikpunkt, so richtig ordentlich flott nach vorn geht es mit dem 200-PS-Diesel, den wir zum Test vor Ort hatten, nicht so wirklich. Ja, ich weiß, was Sie jetzt sagen werden, Sie haben auch vollkommen recht. Das braucht ein Kombi nicht, der soll praktisch sein, komfortabel, wenig verbrauchen (um die fünf Liter im Test), und gut is!

Aber wenn man in einem Jaguar sitzt, dann will man wenigstens zwischendurch auch ein wenig Spaß haben. Vermute ich mal, schließlich habe ich nie einen besessen. Und das geht mit dem XF Sportbrake eben nur so semigut. Abhilfe könnte da die Variante des 2,0-Liter-4 Zylinder-Turbobenziners mit insgesamt 300 PS schaffen. Aber der kostet im Vergleich zum Turbodiesel schon wieder rund 8000 Euro mehr.

Grafik: Der Standard

Mit dem Rad im Kofferraum

Aber wie gesagt, so wichtig ist das nicht, es sollte nur der Vollständigkeit halber angemerkt werden. Denn der Rest stimmt ja, über Design und Komfort haben wir bereits gesprochen, fehlt nur noch der Laderaum.

Foto: Stockinger

Lassen Sie mich dafür eine Anekdote erzählen. Ein guter Freund von mir kam auf die grandiose Idee, eine Fahrradtour von Wien aus ins Burgenland zu machen. Ungefähr bei Kilometer 20 flog ihm sein Hinterreifen um die Ohren. Ein kurzer Anruf, und schwups, war ich mit dem XF vor Ort, um den geknickten Fahrer samt geknicktem Rad einzuladen und wieder zurück in den sicheren Hafen Wiens zu bringen. Mit einigen anderen Testwagen wäre das problematischer geworden.

"Unjaguarig" ist also nicht immer etwas Schlechtes. (Thorben Pollerhof, 18.09.2021)