Weitreichende Folgen für die Vergabe von Tabaktrafiken könnte ein neues Erkenntnis des VwGH haben.

Foto: Robert Newald

Wien – Die Vergabe von Tabaktrafiken muss neu geregelt werden. Denn der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) habe entschieden, dass die Zuteilung von Trafiken dem Bundesvergabegesetz unterliege, schreibt "Die Presse". Das könnte das Aus für unbefristete Vergaben und für die Vererbung der Konzession bedeuten, sagen Juristen. Derzeit werden frei werdende Trafiken von der Monopolverwaltung nach einem unter Kaiser Joseph II 1784 eingeführten Monopol an Menschen mit Behinderungen vergeben.

Kaiser Franz Joseph wollte mit der Vergabe der Trafiken Kriegsinvaliden ein Auskommen sichern. In dieser Tradition gehen freiwerdende Trafiken auch heute noch an Menschen mit Behinderung. Ein Bewerber, der zweimal übergangen wurde, weil ihm Menschen mit Behinderung vorgezogen worden waren, ging gegen die Ausschreibungsart zu Gericht. Er machte geltend, dass diese nach Regeln des Bundesvergabegesetzes zu erfolgen habe. Zwar verlor er in erster Instanz vor dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG), das Höchstgericht gab ihm aber recht. Die Bestellung von Trafikanten sei eine Beschaffung im vergaberechtlichen Sinn: Erworben werde dabei die vom Trafikanten verrichtete Dienstleistung, einschließlich seiner Verpflichtungen wie der Betriebspflicht (Ro 2019/04/0231). Also sei das Bundesvergabegesetz anzuwenden.

Monopolverwalter: Gezielte Vergabe an Menschen mit Behinderung weiter möglich

Die Monopolverwaltung MVG, die nun die Vergabe der Trafiken auf neue Beine stellen muss, hält in einer Stellungnahme fest, dass auch künftig Trafiken gezielt an Menschen mit Behinderungen vergeben werden können. Das Vergaberecht erlaube ausdrücklich die Berücksichtigung solcher Aspekte. Über andere Details in der Vergabe müsse nun nachgedacht werden.

So sehe das Bundesvergaberecht eine Vergabe auf maximal fünf Jahre vor, außer bei besonders großen Investitionen, zitiert die Zeitung Christian F. Schneider, Anwalt bei bpv Hügel und Dozent an der Uni Wien. "Es wird eine Herausforderung sein, das System so zu gestalten, dass es dem Versorgungscharakter weiter Rechnung trägt", so Schneider.

Eine weitere Besonderheit der bisherigen Vergabe von Trafiken ist, dass die Konzession vererbt werden kann – auch an Menschen ohne Behinderung. Darum werden lediglich 1.230 der 2.300 Volltrafiken von Menschen mit Behinderung geführt. So ein Nachfolgerecht für Angehörige ist aber im Vergaberecht nicht vorgesehen.

Behindertenanwalt sieht Vergabe als "Nachteilsausgleich"

Dennoch gibt sich Hannes Hofer, Geschäftsführer der Monopolverwaltung, im "Presse"-Rechtspanorama zuversichtlich, dass auch eine längere Frist für die Vergabe einer Trafikenkonzession zulässig ist. Denn im Idealfall versorge eine Trafik den Inhaber nach einem Unfall für den Rest seines Lebens. "Wir machen jeden sechsten Tag aus einem Menschen mit Behinderung einen Unternehmer", sagt Hofer. "Wir sind damit das größte inklusive Unternehmernetzwerk Österreichs."

Die Übernahme einer Tabaktrafik sei für viele Menschen mit Behinderungen die Möglichkeit, als Unternehmerinnen und Unternehmer ihren Lebensunterhalt zu verdienen und so am Erwerbsleben teilzuhaben, erklärt der österreichische Behindertenanwalt Hansjörg Hofer in einer Aussendung. Er fordert außerdem: "Die Bevorzugung von Menschen mit Behinderungen bei der Vergabe von Tabaktrafiken ist ein Nachteilsausgleich, der unbedingt erhalten bleiben muss." (APA, 13.9.2021)