In Prešov, unweit der zweitgrößten slowakischen Stadt Košice, wurde Papst Franziskus von Menschenmassen empfangen.

Foto: AFP/TIZIANA FABI

Košice – Papst Franziskus hat die Ausgrenzung der Roma in der Slowakei kritisiert. "Man kann die Menschen nicht schematisieren. Um sie wirklich zu erkennen, muss man sie vor allem anerkennen", sagte er am Dienstag in seiner Ansprache in der ostslowakischen Stadt Košice bei einem Besuch der Roma-Elendssiedlung Lunik IX. In den einst als Arbeitersiedlung angelegten Plattenbauten leben zwischen 5.000 und 6.000 Menschen. Lunik IX ist damit die größte Roma-Siedlung Mitteleuropas.

Das Oberhaupt der katholischen Kirche verurteilte die Ansiedlung der Menschen in dem wegen seiner katastrophalen Wohnzustände bekannten Viertel am Stadtrand. "Ghettoisierung von Menschen bringt keine Lösung. Wenn man die Eingeschlossenheit schürt, bricht früher oder später Wut aus." Franziskus zufolge ist Integration der Weg für ein friedvolles Zusammenleben.

Euphorischer Empfang für Papst in Lunik IX

Die Gebäude sind verschmutzt und heruntergekommen. Die slowakische Regierung hatte die Roma gezielt in den verfallenden Bauten angesiedelt und verstärkte damit die tiefsitzenden Vorurteile gegenüber der Volksgruppe. "Zu oft seid ihr schon Gegenstand von vorgefassten Meinungen und erbarmungslosen Urteilen, von diskriminierenden Stereotypen, von diffamierenden Worten und Gesten geworden", beklagte der Papst.

Die Bewohnerinnen und Bewohner der Siedlung empfingen Franziskus euphorisch. Sie tanzten und jubelten ihm zu. Auf einer Bühne berichteten Ortsansässige von ihrem Leben in der nach einer Mondrakete benannten Siedlung aus kommunistischer Zeit. "Mein Mann und ich wollten dieses Viertel verlassen, aber wir wussten nicht, wie", erzählte eine Frau.

Lokaler Salesianer-Orden verteidigt Besuch des Papstes

Bezeichnenderweise stritten slowakische Politiker im Vorfeld des Besuchs öffentlich darüber, wer "schuld" daran sei, dass der "Schandfleck" Lunik IX ins Reiseprogramm aufgenommen worden war. Dagegen sehen die Vertreter des Salesianer-Ordens, die als Seelsorger direkt in der Siedlung tätig sind, darin eine für den gegenwärtigen Papst typische Ausrichtung der Kirche auf die Armen und Ausgegrenzten. Als Geistlicher in Buenos Aires hatte er wiederholt Elendsviertel besucht.

In der slowakischen Mehrheitsbevölkerung ist das nach einer Mondrakete benannte Viertel Lunik IX bekannt für soziale Not und die Abhängigkeit der meisten Bewohnerinnen und Bewohner von staatlichen Sozialleistungen. Viele Familien leben auf engstem Raum.

Franziskus hält sich bereits den dritten Tag zu einem Besuch in der Slowakei auf. Vor der Reise ins ostslowakische Košice (Kaschau) warnte er davor, das Kreuz als christliches Symbol für politische Zwecke zu missbrauchen. "Wir dürfen das Kreuz nicht auf einen Andachtsgegenstand reduzieren, geschweige denn auf ein politisches Symbol", sagte der Pontifex am Dienstag in seiner Predigt in Prešov vor einigen zehntausend Gläubigen. Man müsse auch nach den Werten des christlichen Glaubens leben, wenn man das Kreuz als Symbol verwende, so Franziskus. (APA,14.9.2021)