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Mit dem Comeback der FFP2-Maske kehrt auch der Streit über die Kontrolle zurück: Nach einem Schlagabtausch zwischen dem privaten Handelsverband und Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) über die unterschiedliche Auslegung einer neuen Verordnung zur Maskenkontrolle hatte sich zuletzt auch das zuständige Gesundheitsministerium eingeschaltet und klargestellt: Grundsätzlich seien Kundinnen und Kunden zur Einhaltung aller gültigen Maßnahmen verpflichtet. Darüber hinaus sieht das Gesundheitsministerium sowohl den Handel als auch die Polizei in der Pflicht. Dies umfasse etwa das Anbringen von Hinweisschildern, stichprobenartige Kontrollen, die Bereitstellung von Masken und Informationsmaterial. Zudem seien die Gesundheitsbehörden und die Polizei zur Durchführung stichprobenartiger Kontrollen befugt.

Handelsverband-Obmann Rainer Will kritisierte diese Novelle im Ö1-"Morgenjournal" am Mittwoch als "weltfremd": Seien etwa in einer kleinen Boutique ein, zwei Personen mit Kundenberatung und -kommunikation beschäftigt, könnten diese nicht zusätzlich noch Gesundheitsdaten abfragen. Anita Palkovich, die für den Handel zuständige Wirtschaftsbereichssekretärin der Gewerkschaft GPA, schrieb am Dienstagabend in einer Aussendung: "Der Ärger unter den Beschäftigten über die verordneten Corona-Schutzmaßnahmen im Lebensmitteleinzelhandel ist groß."

Mittwochfrüh sagte sie im Ö1-"Morgenjournal": Es wäre wünschenswert gewesen, die Sozialpartner rechtzeitig einzubinden, so hätte man sich "so manche Diskussion erspart". Die Beschäftigten seien nicht die "Hilfssheriffs", die Kontrolle des Gesundheitsstatus sei nicht ihr Job. Der Handel suche Personal, die aktuelle Mannschaft müsse ihr Programm stemmen. "Die Beschäftigten wehren sich nicht gegen Schutzmaßnahmen, aber sie haben erwartet, dass auch sie Erleichterungen haben und nicht von heute auf morgen eine FFP2-Pflicht verordnet bekommen", sagte Palkovich. Es sei "Feuer am Dach". Jetzt erst über die Umsetzung der Verordnung nachzudenken sei "fahrlässig".

Ausmaß solle "nicht überspannt" werden

Die FFP2-Maske gilt überall dort, wo bisher die einfache Maskenpflicht herrschte. Betroffen sind also vielfrequentierte Bereiche wie Lebensmittelhandel, Apotheken, Trafiken, öffentliche Verkehrsmittel oder auch Kirchen. Ein weiterer Unterschied zu den bisherigen Maskenregeln: Erstmals gibt es Nachteile für Ungeimpfte. Wer nicht durch ein Corona-Vakzin immunisiert oder im vergangenen halben Jahr an Covid erkrankt ist, muss auch im sonstigen Handel – etwa in Modegeschäften – sowie in Museen und Büchereien eine FFP2-Maske anlegen. Geimpften wird das nur empfohlen.

In dieser Verordnung steht auf Seite 4 der rechtlichen Begründung: "Was die Kontrolle der Einhaltung von Auflagen gemäß § 4 Abs. 1a betrifft, ist festzuhalten, dass das Ausmaß der Sorgetragungspflicht der Betreiber nicht überspannt werden darf und abhängig von zahlreichen Faktoren wie insbesondere Kundenaufkommen, Anzahl der anwesenden Kunden et cetera entsprechende Schulungen und Informationsmaßnahmen der Mitarbeiter, Beschilderungen, Durchsagen und sonstige Informationsmaßnahmen wie auch stichprobenartige Kontrollen, Auflage von Informationsmaterial und die freiwillige Bereitstellung von Masken umfassen kann."

"Allgemeine Rechtsunsicherheit"

Der private Handelsverband war nach Veröffentlichung der Verordnung bereits am Dienstag in die Offensive gegangen und hatte vor allem die Wirtschaftsministerin attackiert. Margarete Schramböck hatte vergangene Woche noch gemeint, dass Kontrollen in die Zuständigkeit der Polizei fallen und anderweitige Behauptungen nur zur Verunsicherung beitragen würden. Der Verband hielt dazu fest: "Die vermeintliche 'Klarstellung' von BM Schramböck entpuppt sich als Fehlinformation (...) Entgegen der Ankündigung der Bundesregierung sollen nun doch vom Handel selbst stichprobenartige Kontrollen durchgeführt werden, und es muss Informationspflichten nachgekommen werden." Laut Verband herrscht nun "allgemeine Rechtsunsicherheit".

Das Wirtschaftsministerium konnte keinen Widerspruch zu den Aussagen von voriger Woche erkennen. "Im Rahmen der Verordnung ist klar geregelt, dass es eine Wahloption für den Handel gibt – keinesfalls ist es die Pflicht der Händlerinnen und Händler, Kontrollen durchzuführen. Versprechen gehalten. Uns war es wichtig, den Händlerinnen und Händlern die Möglichkeit zu geben – Möglichkeit ja, Zwang nein", meinte Schramböck am Dienstag zur APA.

Und sie ergänzte: "Eine Kann-Bestimmung ist keine Vorschrift im strengen Sinne, sondern eine Bestimmung, nach der im Einzelfall verfahren werden kann, aber nicht verfahren werden muss. Unseren Händlerinnen und Händlern steht frei, jene Instrumente zu nutzen, die ihre betriebliche Realität am besten widerspiegeln."

Der Handelsverband konterte umgehend: Eine solche Wahloption sehe man in der Maßnahmenverordnung nicht. Vielmehr werde nur in der rechtlichen Begründung näher darauf eingegangen, wer die Einhaltung der Auflagen in den Geschäften kontrollieren soll. Explizit angeführt sei dabei nur, dass das "Ausmaß der Sorgetragungspflicht" vom Händler zwar nicht überspannt, aber auch von zahlreichen Faktoren wie dem Kundenaufkommen abhängig sei. Was die Behörden im Prüfungsfall letztendlich als dafür ausreichend ansehen, sei allerdings unklar, hielt der Handelsverband via Aussendung fest.

Schramböck beklagt "Falschinformation"

Am Mittwoch meldete sich dann Schramböck wieder zu Wort. Sie ortete im Handel kursierende "Falschinformationen". Dass die Kontrolle durch die Händler eine "Kann-Bestimmung" ist, müsste jedem klar sein, der die Verordnung gelesen habe. Und sie übte Kritik an "einzelnen Organisationen", die Gegenteiliges in Umlauf bringen: "In einer Pandemie ist es nicht redlich, Informationen zu verbreiten, die so nicht stimmen", richtete Schramböck in einer Aussendung aus.

Die Regelung sei für alle "klar gewesen", schließlich seien mit der Wirtschaftskammer die offiziellen Vertreter der Handelssparte miteingebunden gewesen, betonte Schramböck im Pressefoyer nach der Regierungssitzung. Die Wirtschaftskammer habe die Regelung mit der darin enthaltenen "Wahlfreiheit" freilich auch begrüßt. Unabhängige Organisationen, "die vielleicht den Text nicht genau studiert haben", hätten dann Unterschiedliches behauptet.

Die Bestimmung sei so gefasst, dass die Händler aus verschiedenen Maßnahmen auswählen können, so Schramböck. Neben den Kontrollen gebe es auch die Möglichkeit, Hinweisschilder anzubringen oder Masken bereitzustellen. "Jeder Händler kann für sich entscheiden." Freilich müssen sie nach ihren Möglichkeiten für die Einhaltung der Maskenpflicht "Sorge tragen", die Händler hätten aber die Wahl, mit welchen Mitteln sie das machen, argumentierte Schramböck.

Weitere Kritik

Kritik kam am Mittwoch auch von den heimischen Shoppingcenter-Betreibern (Austrian Council of Shopping Places, ACSP). Diese erklärten "mit Nachdruck", dass sie sich außerstande sehen, die neue Regelung "in großer Zahl" zu kontrollieren. "In Österreichs 254 Shoppingcentern verkehren im Durchschnitt etwa 2,3 Millionen Menschen pro Tag", rechnen sie in einer Aussendung vor.

Diese Einkaufszentren würden oftmals von sehr kleinen Belegschaften geleitet, die teilweise nicht einmal täglich vor Ort seien. "Die Shoppingcenter-Managements haben, wie die Handelsangestellten auch, zum einen mehr als genug andere Aufgaben – und sind zum anderen für derartige Kontrollen nicht ausgebildet", so der ACSP am Mittwoch in einer Aussendung. Des Weiteren kritisieren die Betreiber, dass sie noch nie zu Gesprächen über eine praxistaugliche Umsetzung der Corona-Maßnahmen eingeladen wurden.

Keine Kritik kommt hingegen von der Bundessparte Handel in der Wirtschaftskammer. "Die neue Corona-Schutzmaßnahmen im Handel sind für die österreichischen Händler machbar. Denn durch die unterschiedlichen Optionen können die Vorgaben je nach Möglichkeit in den Geschäften unterschiedlich umgesetzt werden. Eine Anwendung mit Augenmaß ist sichergestellt", sagte Obmann Rainer Trefelik gegenüber der Nachrichtenagentur APA.

Kürzere Gültigkeitsdauer von Tests

Die Novelle bringt für das Handelspersonal dieselben Regelungen wie für die Kundschaft. Grundsätzlich müssen fortan also auch Beschäftigte im "nicht lebensnotwendigen" Handel mit unmittelbarem Kundenkontakt grundsätzlich eine FFP2-Maske tragen. Nur wenn diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einen 2G-Nachweis (geimpft oder genesen) vorweisen, entfällt die Maskenpflicht. Beschäftigte im Lebensmitteleinzelhandel mit unmittelbarem Kundenkontakt müssen hingegen ebenso wie die Kundschaft immer eine FFP2-Maske tragen.

Eine weitere Neuerung des am Mittwoch in Kraft getretenen Maßnahmenpakets betrifft die Gültigkeit der Antigentests, die nur noch 24 Stunden anerkannt werden. Eine Ausnahme sind hier die Schultests, die eine längere Gültigkeit behalten. Hier übernimmt der Bund die in Wien bereits geltende Regel. (red, APA, 15.9.2021)