Nur rund 190 Krater sind der Wissenschaft auf der Erde bekannt, die zweifellos auf einen Einschlag aus dem All zurückzuführen sind. Der größte von ihnen ist der Vredefort-Krater in Südafrika, der vor rund zwei Milliarden Jahren von einem gut zehn Kilometer großen Objekt geschlagen wurde und heute noch einen Durchmesser von 50 Kilometer aufweist. Der Plattentektonik und den Erosionskräften ist es zu verdanken, dass heute nur mehr die größten bzw. jüngere Krater direkt nachweisbar sind. Viele lassen sich auf den ersten Blick gar nicht mehr erkennen, weil sie weitgehend verwittert sind und eingeebnet wurden.

Der Vredefort-Krater: Diese kreisförmige Struktur in Südafrika gilt als größter und einer der ältesten Einschlagkrater der Erde.
Foto: imago/UIG

Einschlag vor 50.000 Jahren

Daher kann man die kürzlich in Nordchina als Impaktstruktur identifizierte Fofmation durchaus als kleine Sensation bezeichnen. Mehr noch: Der in der Provinz Heilongjiang nachgewiesene Meteoritenkrater dürfte sogar der größte sein, der in den vergangenen 100.000 Jahren auf der Erde entstanden ist. Der Krater hat einen Durchmesser von 1,85 Kilometer und eine maximale Tiefe von 150 Meter. Der Einschlag fand vermutlich vor rund 50.000 Jahren statt, schreibt ein Forscherteam, an dem auch der Wiener Impakt-Forscher Christian Köberl beteiligt war, im Fachjournal "Meteoritics and Planetary Science".

In China kannte man mit dem Xiuyan-Krater bisher nur einen Meteoritenkrater. Wissenschafter der Chinesischen Akademie der Wissenschaften konnten nun anhand von Bohrproben beweisen, dass es sich bei der kreisförmigen geologischen Struktur am südöstlichen Rand des Kleinen Xing'an-Gebirges in der Nähe der Stadt Yilan tatsächlich um einen Impaktkrater handelt. Der größte Teil der Kraterfläche ist mit Birken bewachsen.

Als der Yilan-Krater vor rund 50.000 Jahren geschlagen wurde, könnten bereits anatomisch moderne Menschen in der Region gelebt haben.
Foto: Chen Ming et al.

100 Meter großer Asteroid

Die Bohrkernanalysen zeigten, dass der Yilan-Krater auf einen Impakt zurückzuführen ist, bei dem vor rund 50.000 Jahren ein Asteroid auf der Erde einschlug. Als allgemeine "Faustregel" gelte, dass ein Krater rund 15 bis 20 Mal größer als sein Verursacher ist, erklärte Köberl. In chinesischen Medien genannte Größe des Asteroiden von rund 100 Meter Durchmesser passe hier ganz gut. Vom sichelförmigen Kraters sind große Teile gut erhalten, nur etwa ein Drittel seines Randes ist erodiert.

Auch wenn die kreisförmige Struktur schon lange bekannt war, sei der Nachweis, dass es sich tatsächlich um einen Impaktkrater handelt, "immer recht schwierig und zeitraubend", sagte Köberl. Notwendig dafür seien detaillierte mineralogisch-petrographische und geochemische Untersuchungen meist von Bohrkernen, da die Oberflächengesteine verwittert oder schon zugedeckt seien.

Typische Schockveränderungen

Beim Yilan-Krater haben die chinesischen Wissenschafter einen über 400 Meter langen Bohrkern aus dem Zentrum der Struktur geborgen. Unterhalb der über 100 Meter starken Sedimentschicht fanden sich Granitbrekzien, wo durch den Impakt das Gestein zertrümmert und danach zusammengebacken wurde, sowie Minerale, die durch hohen Druck zu sogenannten "Hochdruckmodifikationen" verdichtet wurden. Weiters fand man verschiedene Schmelzprodukte wie Glas. In den genauen Analysen, die von Köberl kontrolliert und verifiziert wurden, zeigten sich die für ein Impaktereignis typischen Schockveränderungen im Gestein, etwa geschockte Quarze, die nur bei sehr hohem Druck entstehen. (red, 19.2021)