Aline-Sarah Kunisch als Contessa Tristezza in "Koralli Korallo" im Kosmos-Theater.

Foto: Bettina Frenzel

Packt eine kleine mitteleuropäische Dichterkolonie ihre Rucksäcke und reist im Bus nach Griechenland zu einem Korallenriff. Das gibt’s doch gar nicht. Doch! Im Kosmos-Theater Wien trippeln die fünf Damen und Herren spaßig-eng aneinandergeschweißt über Land und können vor Erstaunen über das Schöne, das dieser Planet zu bieten hat, die Augen kaum genug weiten. In dem von Regisseurin Milena Michalek mit dem Ensemble entwickelten Stück Koralli Korallo geht es um das Korallensterben. Davon weiterführend aber auch um grundsätzliche, an den Theorien der utopistischen Wissenschafterin Donna Harraway (A Cyborg Manifesto, Unruhig bleiben) geschulten Überlegungen zum Sterben von Natur und Mensch.

Krakenähnlich

Wie sehr sämtliche terrestrische Lebensformen zusammenhängen, das veranschaulichen Literatur und Theater, seit die Klimaveränderung ihre Spuren hinterlässt, gern in Bildern von rettenden Symbiosen. Wir Menschen müssen uns mit den anderen zusammentun! Im Kosmos-Theater tragen die sich auf Expedition (oder Ausgrabung oder touristischem Ausflug) befindlichen Vagabunden alsbald auch undefinierbare, krakenähnliche Arme (Ausstattung: Sina Manthey). Haben sie sich den Korallen anverwandelt?

Ihre "unmenschlichen" Bewegungen und Gesten legen es nahe. Spannungsreich an diesem kompakten Abend ist tatsächlich die künstliche Körperlichkeit, die das Grüppchen an den Tag legt. Die wie Goldoni- oder Nestroy-Figuren benannten Dottore, Professoressa oder Contessa hirschen vor einem rötlich schillernden Gebirgsmassiv (das Riff, Meeres-Höhle, Oktopusburg etc.) hin und her. Der Abend wird dann am stärksten, wenn er seine Behauptungen in Pollesch’scher Manier in scheinbar unendliche, absurde Möglichkeiten weiterdreht. (afze, 15.9.2021)