Dem Gesundheitswesen vertrauen Ungeimpfte weit mehr als der Regierung und dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen.

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Das Impftempo ist in Österreich über den Sommer stark ins Stocken geraten. Trotz niederschwelliger Angebote ist immer noch ein Drittel der impfbaren Bevölkerung ungeimpft. Manche sind kategorische Impfgegner, andere schwanken und zaudern – sie wären mitunter noch zu den schützenden Stichen zu bewegen. Für eine effektive Mobilisierung sollte man aber wissen, wie sich die Haltung zur Impfung über demografische Gruppen verteilt. Forscherinnen und Forscher des "Austria Corona Panel Project" der Universität Wien haben das – auf Datenbasis einer repräsentativen Befragung von 1500 Personen Ende Juni – nun in einem Blogbeitrag mit aufschlussreichen Ergebnissen analysiert:

Ein deutliches Muster zeigt sich im Zusammenhang von Impfwilligkeit und Wahlverhalten. Während über 70 Prozent der Personen, die bei der Nationalratswahl 2019 ÖVP, SPÖ, Grünen oder Neos ihre Stimme gaben, im Erhebungszeitraum bereits geimpft waren, war es bloß die Hälfte der FPÖ-Anhänger. In der blauen Wählerschaft gaben sich 29 Prozent als nicht impfbereit und zwölf Prozent als zögerlich. Eine ähnlich geringe Impfbereitschaft – 23 Prozent Impfgegner, 18 Prozent Zögerliche – wurde für die Gruppe der Nichtwähler (inklusive nicht Wahlberechtigter) ermittelt.

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Geringverdiener zögerlicher

Auch zwischen Einkommenssituation und Durchimpfung zeigt sich eine Korrelation. In Haushalten mit weniger als 1.500 Euro Monatseinkommen waren nur 56 Prozent der Befragten geimpft, 19 Prozent nicht impfbereit und 16 Prozent zögerlich. Bei Gutverdienern liegt die Impfquote weit darüber, in Haushalten mit mehr als 4.300 Euro sind rund 80 Prozent durch Vakzine immunisiert.

Kaum Unterschiede in den Positionen zur Impfung zeigte sich hingegen bezüglich der Bildungsabschlüsse. Nur die eher kleine Gruppe der Hochschulabsolventen lag mit 76 Prozent klar über dem Bevölkerungsschnitt.

Mediziner können überzeugen

Recht unauffällig ist die Kategorie Migrationshintergrund: Unter jenen, deren beide Eltern im Ausland geboren wurden, sind die Zögerlichen leicht überrepräsentiert, der Impffortschritt gestaltet sich leicht unterdurchschnittlich.

Das Wissenschafterteam hat zudem untersucht, wer welchen Institutionen vertraut. Dabei kam ein drastisches Bild zutage: Drei Viertel der nicht Impfbereiten vertrauen der Bundesregierung kaum oder überhaupt nicht, ein ähnlich großes Misstrauen hegen sie gegenüber dem ORF-Fernsehen. Demgegenüber ist das Misstrauen bei den Zögerlichen zwar deutlich moderater, aber dennoch größer als in der Vergleichsgruppe der Geimpften, unter denen immerhin mehr als die Hälfte dem ORF sehr oder eher vertraut.

Ein weitaus besseres Image als Regierung und ORF genießt bei Impfgegnern wie Zögerlichen das Gesundheitssystem. Mehr als die Hälfte der Zögerlichen vergibt hier positive Vertrauenswerte. Daher folgern die Forscher: Die intensivere Einbindung von Gesundheitspersonal in die strauchelnde Impfkampagne wäre sinnvoll, um die Ungeimpften noch umzustimmen. Die herkömmliche Kommunikation über Massenmedien und Werbekampagnen der Regierung sei aufgrund des hohen Misstrauens der Zielgruppe wenig erfolgversprechend, zumal "gerade bei sensiblen gesundheitlichen Themen die Gefahr von Verunsicherung und Widerstand" drohe. (Theo Anders, 16.9. 2021)