Den Landeshauptmann kann man nicht direkt wählen – aber die Wahlkämpfe sind darauf zugeschnitten.

Foto: APA/KERSCHBAUMMAYR

Linz – Man kennt das Phänomen von jeder Wahl: Da treten Splittergruppen an, die in den Statistiken meist kumuliert als "Sonstige" angeführt werden, weil sie weit weg von Mandatschancen liegen. 1,1 Prozent haben die Christliche Partei und die KPÖ zusammengerechnet bei der oberösterreichischen Landtagswahl 2015 erreicht – und noch im August des heurigen Jahres hat es so ausgesehen, als ob die sechs Kleinstparteien neben den vier Landtagsparteien und den Neos tatsächlich eine zu vernachlässigende Größe darstellen würden.

"Es ist noch keinen Monat her, da hätten wir allenfalls zwei Prozent für die Kleinparteien angenommen. In den letzten Tagen steigt die Bereitschaft, solche Parteien zu wählen, aber stark an – wir rechnen jetzt mit fünf Prozent und schließen nicht aus, dass die Liste MFG in den Landtag kommen könnte", sagt Meinungsforscher David Pfarrhofer vom Linzer Market-Institut. Im Auftrag des STANDARD erstellte er zehn Tage vor dem Wahltermin folgende Hochrechnung:

  • Die ÖVP käme, wenn schon jetzt gewählt würde, mit Landeshauptmann Thomas Stelzer auf 38 Prozent – das läge leicht über dem letzten Wahlergebnis (unter Josef Pühringer kam die ÖVP 2015 auf 36,4 Prozent). Das hängt auch damit zusammen, dass die ÖVP stärker noch als vor sechs Jahren als jene Partei wahrgenommen wird, die in Oberösterreich die Themen vorgibt. Stelzer liegt auch in der (theoretischen) Landeshauptmann-Frage klar vorne. 36 Prozent würden ihn direkt wählen, wenn das möglich wäre, eine Nachfrage an Unentschlossene bringt weitere drei Prozentpunkte. Allerdings lauteten die entsprechenden Werte für Pühringer vor sechs Jahren 49 plus drei. Stelzer punktet vor allem bei älteren Befragten.
  • Auf dem zweiten Platz landet in der Market-Hochrechnung unangefochten, aber mit deutlichen Abschlägen zum letzten Wahlergebnis (30,4 Prozent), die FPÖ: 22 Prozent, wenn schon jetzt gewählt würde. Sie ist die einzige Landtagspartei, die mit demselben Spitzenkandidaten antritt: Landeshauptmann-Stellvertreter Manfred Haimbuchner käme bei einer Direktwahl auf 17 Prozent (plus einen Prozentpunkt aus der Nachfrage an Unentschlossene in der Landeshauptmann-Frage) – diese Werte liegen über den 14 Prozent, die der damalige Landesrat Haimbuchner 2015 in einer Vergleichsumfrage von Market erreicht hat.
  • Mit 18 Prozent unverändert auf dem dritten Platz der Umfrage liegt die SPÖ – sie hatte zuletzt 18,4 Prozent, und Market-Institutsleiter Pfarrhofer sieht bei den Sozialdemokraten wenig Bewegung. Ihre Spitzenkandidatin Birgit Gerstorfer kommt mit 13 plus zwei Prozent in der Landeshauptmann-Frage auf bessere Werte als Vorgänger Reinhold Entholzer – ihre Anhängerschaft ist relativ jung und überwiegend weiblich.
  •  Die Grünen legen in der Umfrage leicht auf zwölf Prozent zu, Spitzenkandidat Stefan Kaineder hat mit neun plus eins ähnlich gute Werte wie seinerzeit Rudi Anschober (sieben plus eins) in der Landeshauptmann-Frage.
  • 2015 waren die Neos noch knapp (mit 3,5 Prozent) an der Vier-Prozent-Hürde gescheitert – jetzt winken ihnen weitgehend sichere fünf Prozent, Spitzenmann Felix Eypeltauer erscheint zwei Prozent der Wahlberechtigten geeignet für das Amt des Landeshauptmanns.
  • Spannend wird es bei den Kleinparteien. Die Liste MFG ("Menschen, Freiheit, Grundrechte") erreicht bereits in den Rohdaten der Sonntagsfrage fünf Prozent Zustimmung. Die Hochrechnung lässt zu, dass vier dieser fünf Prozent und damit ein Landtagseinzug auch tatsächlich erreicht werden könnten. MFG kann vor allem weibliche Wahlberechtigte und Menschen mit Kindern im Haushalt ansprechen – viele Begleitfragen deuten darauf hin, dass besonders bisherige FPÖ-Wähler interessiert sind.
  • Die anderen Kleinstparteien haben laut der Umfrage wenig Chancen, in den Landtag zu kommen. (Conrad Seidl, 17.9.2021)