Homeoffice mit Grünraum wird seit dem Vorjahr stark gesucht.

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Der aktuelle Wohnimmobilienzyklus in Österreich läuft bereits seit etwa 2005; seit damals steigen die Preise also ununterbrochen. Darauf wies man bei Raiffeisen zwar schon vor einigen Monaten hin. Weiterhin sei aber "von einer Verlangsamung der Dynamik nichts zu sehen", sagte Analyst Matthias Reith am Donnerstag in einem Pressegespräch. Denn Immobilienzyklen würden grundsätzlich nicht "an Altersschwäche sterben, sondern sie werden umgebracht".

So ein Todesstoß hätte eine Rezession wie die im Vorjahr durch die Pandemie hervorgerufene durchaus sein können, doch diese sei so stark abgefedert worden, dass sie sich kaum auf die Einkommen auswirkte, so der Ökonom. Und so nehmen unter anderem auch die Kreditfinanzierungen von Wohnimmobilien weiter zu, wie Reinhard Karl, Kommerzkundenvorstand der RLB NÖ-Wien, erläuterte. Die durchschnittliche Kreditsumme sei bei Raiffeisen in den letzten beiden Jahren um zehn Prozent auf nunmehr 330.000 Euro gestiegen. Die Immobilienpreise hatten schon 2020 in Österreich um sieben Prozent zugelegt, und für heuer erwartet man bei Raiffeisen Research ein noch stärkeres Wachstum von zehn Prozent.

Rückzugsorte gesucht

Raiffeisen Research, die Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien und Raiffeisen Immobilien stellten am Donnerstag aber eigentlich einen aktuellen Wohnimmobilienbericht für Niederösterreich vor. Und da war neuerlich viel die Rede davon, dass das Umland der Städte zu den Gewinnern der Krise gehörte.

Viele Städterinnen und Städter wünschten sich in den diversen Lockdowns mehr Grün, mehr Wohnfläche für Homeoffice und Homeschooling und generell "mehr Rückzugsorte", fasste es Raiffeisen-Chefanalyst Peter Brezinschek zusammen. Auch die sogenannte "zweite Reihe" im Speckgürtel, die schon etwas weiter entfernten Bezirke und Landgemeinden, hat zuletzt teils deutliche Preisanstiege verzeichnet.

Gutes Internet ist wichtig

Gute Internetanbindung sei wegen Homeoffice derzeit wichtiger als eine gute Verkehrsanbindung, sagte Raiffeisen-Immo-Chef Peter Weinberger. Viele Gemeinden hätten da aufgerüstet, mancherorts ist die mangelnde Infrastruktur aber immer noch "ein Problem".

Im Bundesländervergleich ist Niederösterreich preislich in vielen Gegenden weiterhin sehr attraktiv und deutlich günstiger als der Westen der Republik. Bei der Leistbarkeit (gerechnet nach Immobilienpreisen vs. Einkommen) liege Niederösterreich hinter dem Burgenland an zweiter Stelle, doch innerhalb des Bundeslands sei das Gefälle hier auch stärker als in jedem anderen Bundesland, sagte Reith. Und diese Schere ist zuletzt auch weiter aufgegangen, denn die ohnehin schon teuren Gegenden im Speckgürtel hätten im Vorjahr preislich noch stärker angezogen als die günstigeren Gegenden.

Leerstand wäre zu mobilisieren

Doch auch im Waldviertel, Weinbergers "Heimatmarkt", sei ein großes Interesse an bestehenden Häusern zu verzeichnen. Oft wollen Eigentümer aber nicht verkaufen. Für sie hatte Weinberger eine Botschaft: "Leerstehende Häuser werden im Wert eher nicht mehr steigen. Es wäre jetzt ein guter Zeitpunkt, sie zu verkaufen."

Ein wichtiger Faktor, der sich sowohl auf Neubau als auch auf Sanierungen auswirkt, sind natürlich auch die Preissteigerungen bei Baumaterialien. Der Siedlungsbau wurde zuletzt in einem Jahr um fast 14 Prozent teurer. Das werde unter anderem auch zu Verzögerungen von Bauprojekten führen, sagte Brezinschek, und Fixpreise werden für Bauträger dadurch sehr schwierig. (mapu, 16.9.2021)